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Was für ein Jahr! Schon Frühjahr und Sommer 1989 ließen spüren, dass etwas anders
war in diesem Land DDR und im gesamten Osten Europas. Michail Gorbatschow hatte
der Sowjetunion Glasnost und Perestroika versprochen, Transparenz und Veränderung,
und dies forderten immer mehr Menschen auch in der DDR. Leise und hinter vorgehaltener Hand zunächst
noch, bald aber immer lauter. Und nicht nur in den großen Städten, auch in
der Provinz.
Andreas Kretschel war damals ein junger Mann von 21 Jahren, engagierter
Hobby-Fotograf in Hohenstein-Ernstthal. Und er hatte eine Brieffreundin
in der Bundesrepublik. Dass da etwas Besonderes im Lande geschah, hat er
sehr früh gespürt - und er musste es festhalten. Die erste Demonstration in
Leipzig hat er noch mit einer kleinen Beirette Electronic fotografi ert, die er
nur ab und zu heimlich aus der Anoraktasche zog - man konnte ja nie wissen.
Zum Beispiel, dass ein Stasi-Informant gleich mal mit dem Fotografen zur
Demo fuhr. Meist aber war Andreas Kretschel allein oder mit Freunden in
seinem alten skoda unterwegs.
Die Wendezeiten von 1989/90 hat Andreas Kretschel in eindrucksvollen
Fotos festgehalten. Fotos, die auch zeigen, warum die DDR zugrunde ging:
Vermüllte Teiche und Flüsse, verfallende Häuser, löchrige Straßen waren
die Folgen und nur die äußeren Zeichen einer Politik, die sich für allwissend
und allmächtig hielt - die die Menschen aber, für die Politik doch da sein
sollte, dem Mangel, der Umweltverschmutzung, dem Eingesperrtsein in
geographische Mauern und ideologische Grenzen auslieferte.
Andreas Kretschels Fotos erzählen, wie eine neue, eine andere Zeit
begann, eine Zeit, die auch neue Verwerfungen und neue Probleme mit
sich brachte - geschlossene Betriebe, Arbeitslosigkeit - sie erzählen ein
Stück Weltgeschichte, die - welch ein Glück in diesem Falle - sogar ein Stück
seiner eigenen, ganz persönlichen Geschichte geworden ist.