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Man kann Platon leicht missverstehen und misstrauen unter folgenden Ansatzpunkten: (a) Die Frage nach einem normativen Guten kann zu dem Versuch führen, engherzig Moralvorstellungen durchzusetzen; (b) die utopische Dimension des platonischen Denkens kann zur Flucht in Wunschideen verführen; (c) die richtige Mitte und Mischung kann mit dem schlechten Kompromiss verwechselt werden; (d) die Hochschätzung des Sachverstandes kann zur blossen Technisierung verkommen; (e) die Forderung des Gehorsams gegenüber dem Gesetz kann zur Autorisierung unguter Gesetze führen; (f) die Forderung, dass sich der Einzelne in das gemeinschaftliche Ganze einfügen muss, kann zu einer totalitären Verherrlichung des Kollektivs umgedeutet werden. Durchschaut man diese Möglichkeiten der Pervertierung und Missdeutung Platons, so kann dies doch zu der Ansicht führen, dass wir uns von Platon trennen müssen: Platons - so könnte man sagen - Ansichten waren nicht totalitär, aber er gehört zu den Weltverbesserern, deren gutgemeinte utopische Vorstellungen unweigerlich von anderen missdeutet wurden und so in Unduldsamkeit und Gewalt endeten. Das vorliegende Buch bietet die philologische und philosophische Untersuchung der Grundstruktur des Idealstaates und auch der Formen der gesellschaftlichen Ordnungen in Platons Politeia angesichts antiker und moderner Kritik. Es fasst das Verständnis für die Grundvoraussetzungen des idealen Staates Platons und die Erklärung der Grundintention seiner Staatsphilosophie zusammen. Dabei sind die Tübinger Ansätze der Platoninterpretation leitend: vor allem das neue und historische Platon-Verständnis von H.-J. Krämer, K. Gaiser und Th. A. Szlezák.