Wenige Pultgrößen vermochten so polarisierend auf den Konzertbetrieb wirken wie
der rumänische Heißsporn Sergiu Celibidache, der der mit der Intensität seines Musizierens
Orchestermusiker und das Publikum in seinen Bann zog. Transzendenz und
Unmittelbarkeit waren Schlüsselbegriffe für ihn, musikalisches Erleben hielt er für unwiederholbar;
kaum ein anderer Dirigent lehnte Musikkonserven derart strikt ab wie
Sergiu Celibidache. Marketing war ihm verhasst. Während er Furtwängler unumwunden
als sein Vorbild bezeichnete, ließ er an anderen Pultkollegen kaum ein gutes Haar:
Karajan: "Schrecklich. Entweder ist er ein guter Geschäftsmann, oder er kann nicht
hören." Hans Knappertsbusch hielt er schlicht für einen "Skandal, Unmusik bis dorthinaus".
Und Arturo Toscanini war für ihn nichts weniger als "eine reine Notenfabrik".
Was der junge Celibidache unter Musizieren verstand ist in diesen Aufnahmen aus den
Jahren 1945 bis 1963 zu hören. Es sind zumeist Live-Übertragungen von Konzerten
mit den Berliner Philharmonikern, dem Radio-Symphony-Orchester Berlin, dem Kölner
Rundfunk-Sinfonie-Orchester und verschiedenen italienischen Rundfunkorchestern.
Die Bandbreite des Repertoires reicht vom englischen Barock über die Wiener Klassik
bis zu Schubert, Schumann, Brahms und Strauss. Einen großen Teil dieser Kompilation
machen Werke der klassischen Moderne und der Avantgarde der 1950er-Jahre aus:
Celibidache war ganz offensichtlich "not afraid of 20th Century Music". Konzerte mit
Kompositionen seines Lehrers Heinz Thiessen zeigen einen Celibidache, der sich mit
besonderer Hingabe der neuen Musik widmete.