Wie zahlreiche andere Musiker ließ sich auch Berlioz von Shakespeares Dramen inspirieren. Dabei faszinierte ihn Romeo und Julia neben Hamlet am meisten, galten ihm diese beiden Werke doch als Inbegriff von Shakespeares Kunst. Zudem erschien Berlioz der Stoff geradezu als prädestiniert für eine musikalische Auseinandersetzung: "Welch ein Sujet! Wie ist alles darin für Musik vorgezeichnet!". Mit dem gewählten Genre einer "symphonie...avec choeur" wagte sich Berlioz an einen groß angelegten Gegenentwurf zu Beethovens Neunter Sinfonie. Ganz im Sinne der romantischen Musikanschauung drehte Berlioz das von Beethovens Finalsatz vorgegebene Verhältnis von Instrumental- und Chormusik um, indem er der Instrumentalmusik - der nach E.T.A. Hoffmann "romantischsten aller Künste" - den höheren Rang einräumte und die Vokalmusik zum begleitenden Rahmen des eigentlichen, instrumental gefassten Dramas werden ließ - eines Dramas, das Berlioz' Wunsch meisterhaft umsetzt, den "Rausch des Glücks im Kampf mit Raserei der Verzweiflung, wollüstigen Liebesseufzern, verwandelt in Todesröcheln" darzustellen.