Nicht von ungefähr genoss Händels Giulio Cesare schon zu seinen Lebzeiten unheure Beliebtheit, machten doch Wohlldang und Schönheit der Deklamation diese Oper zu einem der gelungensten Werke des Komponisten. Herbert Wernickes Inszenierung ist eine freie Adaption des Originallibrettos, die einige Passagen streicht und andere aus weiteren Opern Händels übernimmt. Damit greift Wernicke auf eine zu Händels Zeiten übliche Praxis zurück, um ein tieferes Verständnis des Werks zu erreichen. Gleichzeitig gelingt es ihm, dem antiken Stoff neue Aktualität zu verleihen, indem er das Sujet des vom römischen Reich okkupierten Ägypten zum Zusammenprall zweier Kulturen werden lässt und dabei - trotz aller Unterdrückung - Kontamination,Völkermischung und wechselseitige kulturelle Bereicherung zum tragenden Prinzip der Dramaturgie macht. Wernicke entfernt sich mit seiner spannenden Inszenierung von der Tradition der opera seria, indem er in einer Montage-Technik auf unkonventionelle Weise zahlreiche Bühnengattungen mischt und einen Rahmen schafft, in dem Emotionen wichtiger sind als Aktion und Bewegung.