"Die große Zeit des Gewandhausorchesters war die, in der es die neue Musik vorantrieb" - so äußerte sich Riccardo Chailly unmittelbar vor seinem Amtsantritt als 19. Gewandhauskapellmeister. Dabei lässt er nicht etwa außer Acht, dass sich dieses zu den ältesten Ochestern der Welt gehörige Ensemble vor allem mit klassischem und romantischem Repertoire hervorgetan hat, sondern spricht sich für eine Tradition der Moderne aus, welche die Moderne von heute und die von einst miteinander verbindet. Dies gelingt ihm in diesem Konzert mit den Werken zweier Komponisten, denen der große Dirigent auch persönlich eng verbunden ist: Mendelssohn als wohl seinem bedeutendsten Vorgänger in der Leitung des Gewandhausorchesters und Wolfgang Rihm als einem "der wichtigsten Komponisten Europas" (Chailly), dessen Werke er seit seiner Berliner Zeit dirigiert. Die Modernität der hier gespielten Werke lässt nichts zu wünschen übrig, bildet Mendelssohns Lobgesang doch einen ungewöhnlichen Zwitter aus Symphonie und Kantate, dessen Urfassung die mitten durch das Werk laufenden Fronten noch verschärft. Rihms Verwandlung 2 zeigt einmal mehr, "warum Rihm einer der erfolgreichsten Komponisten weltweit ist: er beherrscht das Orchester". Chailly verwirklicht hier sein erklärtes Ziel, das Repertoire zu "erneuern, (zu) aktualisieren und aus(zu)weiten" - ein großer Wurf!