Für Bernard Haitink, der 27 Jahre an der Spitze eines der renommiertesten Klangkörper der Welt, dem Amsterdam Concertgebouw Orchestra, stand, war seine Tätigkeit für das Glyndebourne Festival weit mehr als nur eine Nebenbeschäftigung, stellte seine zehn Jahre währende Leitung dieser Institution des englischen Musiklebens doch eine der wichtigsten Stationen seines Lebens dar. In der vorliegenden Einspielung widmet sich der Beethoven-Spezialist einem Werk mit einer höchst wechselvollen Aufführungsgeschichte: Erst bei der Uraufführung der dritten Fassung, bei der der Komponist selbst am Dirigentenpult stand, geriet Beethovens einzige Oper zu einem durchschlagenden Erfolg. Dieser ließ sie kurz darauf jenen weltweiten Triumphzug antreten, der bis heute nicht nachgelassen hat. Nicht umsonst heißt es über diese Aufführung, Beethoven sei "durch sein Feuer oft aus dem Takt gerissen worden" - ist der Fidelio doch einzig in seinen pompösen, hochdramatischen Klängen. Auch die politische Brisanz der Geschichte einer als Mann verkleideten Frau, die in einem Staatsgefängnis ihren aus politischen Gründen inhaftierten Ehemann nur knapp vor der Ermordung durch einen skrupellosen Gouverneur rettet, schmeckte der Zensur damals nicht, was ebenso wie die geradezu mörderisch anspruchsvolle Partitur den erst späten Erfolg des Werkes erklärt.