In the sale you will find especially cheap items or current promotions.
Want to part with books, CDs, movies or games? Sell everything on momox.com
Unter Musikern gilt der boshafte Satz, dass ein guter Skandal für die Karriere wichtiger ist als ein Dutzend guter Kritiken. Vielleicht ist dies der Grund, warum ein so vorzüglicher Pianist wie der Franzose Yves Nat (1890-1956) nur einem verhältnismäßig kleinen Kreis von Musikliebhabern bekannt ist. Denn was lässt sich schon groß berichten über einen Menschen, der an gesellschaftlichem Glamour und an publicity-trächtigen Selbstinszenierungen kein Interesse hatte und sich lieber dem Klavierspiel und Komponieren widmete? Selbst die einschlägigen Musiklexika wissen meist nicht mehr anzuführen als seine Lebensdaten. Zurückhaltung zu wahren ohne falsche Bescheidenheit - das war für die solistischen Aktivitäten Yves Nats charakteristisch. Nichts klingt hemmungslos entfesselt. Im Gegenteil: die Lautstärke ist bewusst zurückgenommen und über allem herrscht eine strenge gestalterische Kraft. Aber genau dies ist es, was der Interpretation ihren eigentümlich tragischen Charakter verleiht: dass selbst die leidenschaftlichen Ausbrüche durch eiserne Selbstdisziplin in Bann gehalten werden. Schon in seiner Studienzeit widmete sich Yves Nat mit Vorliebe der deutschen Klaviermusik. Immer wieder setzte er die Klaviersonaten von Beethoven auf die Konzertprogramme, er spielte Schubert, Schumann und Brahms - allesamt Komponisten, die in Frankreich noch in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts als schwerblütig, "unelegant" und wenig unterhaltsam galten. Wie sein Lehrer Louis Diémer ihm prophezeit hatte: eine glänzende Virtuosen-Karriere konnte man in Frankreich jedenfalls nicht auf solch einem Repertoire aufbauen. Und in Deutschland? - Es scheint, dass Yves Nat für den damaligen deutschen Geschmack wiederum zu kultiviert, zu wenig exzessiv spielte: Er entfesselte keinen titanischen Donner, hier rissen keine Klaviersaiten, nicht einmal, dass man sich an gleisnerischer Virtuosität hätte delektieren können. Dafür aber dringt Yves Nat in seinen Interpretationen zum Wesentlichen, zum Kern der Musik vor. Die Klänge rauschen nicht einfach an den Ohren vorbei. Wie kaum einem anderen gelingt es ihm, Stimmungen auszumalen und versteckte Melodiebögen herauszuarbeiten, ohne dass der musikalische Fluss dadurch ins Stocken gerät oder der innere Zusammenhalt in Tausend Einzelteile zerfällt.