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Bozen, Neujahr 1900. Silvester war "in der gewohnten Weise" gefeiert worden, so die Bozner Zeitung. Das neue Jahrhundert wurde wenig spektakulär begrüßt. Kriegsangst überschattete das Großereignis. Vierzehn Jahre später sollte sich die Vorahnung bewahrheiten: Der erste Weltkrieg hinterließ für den Rest des Jahrhunderts seine Spuren. Am Ende des Krieges stand Tirol zerschlagen und ungläubig vor den Trümmern des Habsburgerreiches.
Dazwischen liegen knapp 14 Jahre, in denen Tirol eine pulsierende Aufbruchzeit erlebte. Der Funken der Moderne zündete auch im "Land im Gebirge". Durch die Festigung der Landwirtschaft, die nachgeholte Industrialisierung und vor allem den Tourismus stieg das Einkommen, die hygienische und medizinische Versorgung besserte sich, elektrisches Licht, Lokalbahnen und bessere Straßen begannen als Symbole des Fortschritts auch abgelegene Täler zu erreichen. Autos bevölkerten zunehmend die Straßen, das Telefonnetz wurde ausgebaut, Kinematografen und Illustrierte wurden zu Vorläufern der Massenkultur. In Sport- und Freizeitvereinen wurden neue Muster der Geselligkeit und der Freizeitkultur geprägt. Das Kulturgeschehen war so reichhaltig und international wie später lange nicht mehr.
Politisch verabschiedete sich das Land von einer langen Zeit konservativer Stagnation. Der Tiroler "Bruderkrieg", die Spaltung des katholischen Lagers, endete mit einem Totalsieg der christlich-sozialen Reformer über die älteren Konservativen. Der Nationalismus ergriff das Kronland Tirol: deutschnationale Politiker erhielten Aufwind, gleichzeitig wurden im Trentino die irredentistischen Töne stärker. Auch die Arbeiterschaft organisierte sich trotz Schwäche der Sozialdemokratie und "katholischer" Feindseligkeit zunehmend.
"Abschied vom Vaterland" erzählt in einfacher Form und anhand zahlreicher Bilder die Geschichte (Süd)Tirols in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.