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Seit über dreißig Jahren kümmert sich Dr. Erich Freisleben in seiner Berliner Kiezpraxis um Patienten aller Altersklassen, Ethnien und Schichten. Bewegende Biografien und persönliche Erfahrungen haben ihn sicher gemacht: Der Mensch ist mehr als nur sein Körper und das Vertrauen in den Hausarzt als Begleiter aller Lebenskrisen ist unbezahlbar.
Medizin und Gesundheitspolitik sieht er auf einem fatalen Irrweg. Abstrakte Schemata ersetzen den ganzheitlichen Blick auf den Menschen und dessen Krankheit, die nicht selten zur Korrektur des Lebenskurses aufruft. Eine ausufernde Bürokratie entmündigt den Arzt durch absurde Rechtfertigungspflichten und frisst die dringend benötigte Zeit für das überfüllte Wartezimmer. Obligatorische Fortbildungen entpuppen sich nicht selten als Werbeveranstaltungen der Pharmaindustrie, deren Lobbyisten bis tief ins Gesundheitsministerium reichen. Universitäten lehren dogmatisch die reine Schulmedizin, fördern Spezialistenkarrieren und diskreditieren den ganzheitlichen Blick als Esoterik. Aus dieser Sicht ist die klassische Hausarztpraxis eine wenig lukrative Quasselbude.
"Medizin ohne Moral" ist eine schonungslose Bestandsaufnahme der Gegenwart, eine Warnung vor der Zukunft, aber auch ein Blick zurück in bessere Zeiten, als Erfahrung noch gewürdigt wurde und das System sich offen für neue Einflüsse aus der Psychosomatik und der Naturheilkunde zeigte. Heute soll der Patient nicht einmal die für ihn passende Medizin wählen dürfen. Der Abschied von der Hippokratischen Ethik ist längst eingeläutet. Mit Mut zur scharfen These zieht Erich Freisleben letztlich sogar eine Verbindung zwischen der dystopischen Zukunft, auf die wir zusteuern, und den dunkelsten Jahren deutscher Geschichte: Wo der Mensch auf seine Biologie reduziert und die Wissenschaft zum alleinigen Götzen erklärt wird, lauert eine Eiseskälte.
Das Buch biete aber auch Lösungen an, und zwar auf dreierlei Ebenen! Zum einen ermöglicht es den Leserinnen und Lesern durch viele Fallbeispiele, bei sich selbst den Zusammenhang zwischen Krankheit und Lebenslage zu erkennen und somit Behandlungswege zu wählen, die über die schnelle Medikation hinausgehen.
Zum zweiten ermächtigt es das Publikum durch seine packenden Insider-Einblicke in die Mechanismen von Gesundheitspolitik, Krankenkassen und Pharmaindustrie, ein eigenes Urteil über komplexe Zusammenhänge zu fällen.
Zum dritten setzt es der drohenden Dystopie einer entmenschlichten Medizin eine hoch motivierende, detailreiche Utopie entgegen, wie eine humanistische Medizin für den ganzen Menschen aussehen könnte und wodurch sie von jedem gefördert werden kann. Ein Blick über den Tellerrand der Medizin hinaus zeigt, wie sehr sich die Fehlentwicklungen auch im gesellschaftlichen Zeitgeist spiegeln