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Es herrscht Krieg. Rund um die Welt sterben Menschenmassen in militärischen und terroristischen Auseinandersetzungen. In vielen Ländern toben verheerende Bürgerkriege. Eine weltumspannende Kriminalität torpediert die legalen Systeme aus dem Untergrund. Gleichzeitig rütteln Staats- und Finanzkrisen an den Fundamenten der Gesellschaften und produzieren Leid und Verelendung. Es ist an der Zeit aufzubegehren. Diesem Impetus gehorchen die Bekenntnisse in "Krieg der Scheinheiligkeit", die sich sich als Experiment verstehen, das Denken zu überdenken. Die grundsätzliche Haltung des Autors Thomas Druyen spiegelt sich in einem imposanten Satz von Gottfried Benn wieder: "Ich bin kein gepflegtes Gehirn, das seine Produkte an gekachelte Molkereien abliefert."
Die Finanzwelt betreibt eine neue Art der Kriegsführung, die eine vergleichbare Strategie verfolgt wie in der Vergangenheit die militärische Eroberung. Sie zielt auf die Übernahme staatlicher Infrastruktur und die Aneignung von Land und Ressourcen. Sie erhebt ungeheure Tributzahlungen und erzwingt die Abtretung unkontrollierbarer Schuldenmengen. Selbst im Hoffnungsträger Internet vollzieht sich ein Cyberkrieg, der in seinem Zerstörungspotenzial unabsehbar erscheint. Die irritierende Vielfalt dieser Kriegsszenarien erinnert an ein Ungeheuer aus der griechischen Mythologie. Die Hydra war ein schlangenähnliches Wesen mit neun Köpfen. Selbst wenn es gelang, einen Kopf abzutrennen, wuchsen zwei neue nach.
Die Hydra der aktuellen Kriege hat so viele unterschiedliche Köpfe, dass schon der Gedanke ans Abschlagen ein verwirrendes Unterfangen darstellt. Davon losgelöst, kann man aus der europäischen Geschichte lernen, dass sich fast alle Revolutionen und kriegerischen Umstürze aus dem Nährboden der Überschuldung ergeben haben. Früher war diese exorbitante Verschuldung eine Ausnahmesituation in Kriegs- und Krisenzeiten. Heute ist dieser Wahnsinn zu einem systemischen Prinzip geworden. Die komplizierten Sachlagen und globalen Verhältnisse erscheinen so abstrakt, dass uns der gesunde Menschenverstand abhanden gekommen ist. An seine Stelle ist eine latente Scheinheiligkeit getreten, die in den letzten Jahren inflationäre Ausmaße angenommen hat. Diese Einsicht in ebenso scheinheiliger Ignoranz zu verdrängen, heißt die Augen vor den konkreten Tatsachen zu verschließen.
Der verblendete Wille, die Welt nur aus der eigenen Perspektive zu begreifen, provoziert Selbst- und Fremdtäuschungen, die den großen Katastrophen Pate stehen. Diese Scheinheiligkeit ist eine Infektionskrankheit des Geistes, die nur therapiert werden kann, wenn man bereit ist, Selbstkritik zu üben und das Verdrängen zu überwinden. Ein gesunder Menschenverstand weiß, dass man aus Fehlern klug werden kann. Nun bedarf es der radikalen Bereitschaft, aus den aufgetürmten Irrtümern auch zu lernen. Nur so kann unser Gehirn eine falsche Programmierung verändern. Hören wir nicht länger auf die Scheinheiligen, die das Besserwerden dem Besserwissen geopfert haben. Jede Investition in scheinheilige Entscheidungen schwächt das Immunsystem der Menschheit.
In dieser prekären Situation brauchen wir einen lernbereiten, gesunden Menschenverstand. Er kann als simples Werkzeug dienen, um den abstrakten und nebulösen Gefahrenlagen konkrete Erklärungen entgegenzusetzen. Im Gegensatz zu den politischen Hebelprognosen und den ökonomischen Wachstumsvisionen wollen wir Menschen praktische, überschaubare und verlässliche Problemlösungen. Erst wenn wir merken, dass Probleme gelöst werden können, werden wir langsam das verlorene Vertrauen zurückgewinnen.
Verdrängung und Scheinheiligkeit haben dazu geführt, dass wir mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kriegsszenarien konfrontiert sind. Solange Schein und Sein in eklatanter Weise auseinanderfallen, gilt das vorsintflutliche Recht der Stärkeren. Wollen wir uns diesem erbärmlichen Theater wirklich weiter aussetzen? Um aus dieser Bankrotterklärung von Demokratie und Menschenrechten herauszukommen, ist es notwendig, unser Denken und Handeln mit tatsächlicher Verantwortung zu verknüpfen. Diesen Prozess, etwas Sinnvolles und Verantwortliches wirklich zu tun und bis zum Schluss dafür gerade zu stehen, nennt der Autor Konkrethik. Es geht darum, das radikal Gute und Richtige umzusetzen. Diesen konkrethischen Weg zu suchen und einige scheinheilige Schleier zu zerreißen, ist das Ziel des Buches. Die abstrakte Tatsache, dass wir den ersten wirklich weltumspannenden Krieg der Menschheitsgeschichte erleben, ohne uns dessen bewusst zu sein, ist der Ausgangspunkt.