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In nur wenige Biographien haben sich die vielzitierten Brüche des 20. Jahrhunderts mit solcher Wucht niedergeschlagen wie im Leben von Sigurd Binski (1921-1993). Denn als der ambitionierte Bonner Student 1951 in die Fänge des Sowjetischen Geheimdienstes geriet, der ihn zu zehn Jahren verschärfter Lagerhaft verurteilte und in den GULag nach Workuta verschleppte, erlebte er einen auch bei kühnster Phantasie nicht vorstellbaren Absturz. Hier, in der eisigen Kälte des hohen Nordens, konnte er mit seiner scheinbar unverwüstlich robusten Konstitution zwar härteste Sklavenarbeit schließlich durchstehen, doch noch viel einprägsamer als die unmenschlichen Arbeitsbedingungen war der erlebte Zivilisationsbruch.
Zurückgeworfen in ein zynisches Lagerleben, dass sich zwar demonstrativ sozialistisch drapierte, aber in Wirklichkeit bei Verlust aller sozialen Errungenschaften allein vom Gesetz des Stärkeren bestimmt war und am ehesten mit steinzeitlichen Umgangsformen verglichen werden kann, überlebte Sigurd Binski eine mehrjährige Haftzeit. Die nach Stalins Tod einsetzende Kursveränderung in der Sowjetunion ebnete schließlich für ihn den nicht mehr für möglich gehaltenen Rückweg in die Heimat.
Fortan und buchstäblich bis zu seinem Tod hat er unter Verzicht auf eine akademische Laufbahn sein gesamtes Leben dem Kampf um die Einsicht in jene Grundwahrheiten gewidmet, die er mit seinem Erleben beglaubigen konnte: Sein Gewissen, seine akademischen Kenntnisse und die so teuer bezahlte Erfahrung der Jahre im GULag trieben ihn fortan, die Grundwerte einer demokratisch verfaßten Gesellschaft immer wieder zu betonen, in Diskussionen zu verteidigen und sich in Auseinandersetzungen ohne Rücksicht auf die eigene Person für sie einzusetzen. Der hier vorgelegte Band dokumentiert seine Publizistik - einen nicht zu überschätzenden Fundus aus Wissen, Verantwortungsbewußtsein und leidenschaftlicher Parteinahme für die Grundlagen unseres heutigen Lebens; er gehört damit zu jenen unverzichtbaren Fundamenten, zu deren Bewahrung wir täglich verpflichtet sind.