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Welche Spuren hat Henri Bergson im französischen soziologischen Denken hinterlassen, was sind die sozial- und gesellschaftstheoretischen Effekte jenes Autors, dessen Bedeutung für das französische Denken generell kaum zu überschätzen ist?
Die - oft impliziten, zuweilen auch absichtlich verdeckten - Bergson-Effekte im französischen soziologischen Denken werden entlang zweier konträrer Spuren aufgedeckt: Einerseits in den Aversionen gegen das (zunächst schlecht verstandene) bergsonsche Denken.
Diese Aversionen waren konstitutiv, in ihnen hat sich thematisch und methodologisch die Bildung der französischen Soziologie ereignet. Andererseits werden die Attraktionen, die produktiven Übernahmen von Bergsons Denken in soziologischen Konzepten verfolgt, bei Autoren wie Gilles Deleuze, Cornelius Castoriadis, Gilbert Simondon oder Georges
Canguilhem. Dabei erweist sich auch Bergsons Werk selbst als eines, das nicht nur philoso-phisch, sondern auch soziologisch neue Denkweisen bietet.
Dieses Buch öffnet ein bislang ungeschriebenes Kapitel der Soziologiegeschichte - und ein neues Register soziologischer Theorie. Es entfaltet im Durchgang durch die bergsonianischen Werke ein diskretes Paradigma: eine lebenssoziologische Denkweise. Diese verbindet eine singuläre Theorie der Differenz (als Differentiation, permanentes Anders-Werden) mit einer singulären Perspektive der Immanenz (Körper, Artefakte, Materialität, Affekte und Diskurse, Imaginäres und Symbolisches in ihren Verschränkungen und Eigenlogiken denkend). Sichtbar wird ein Neuer Vitalismus, der das Leben als Subjekt und Objekt des Denkens anerkennt. Wie Bergson sagte, liegt "auf dem Grund des Sozialen" das Vitale; und daher ist es "stets der Aufenthalt, der eine soziologische Erklärung verlangt, und nicht die Bewegung".