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Gegenwärtig scheint die von Humboldt beschriebene »Wechselwirkung« einer ungleichen Verteilung von Macht gewichen zu sein. Im Zeitalter des Anthropozäns, in dem der Mensch die uneingeschränkte Macht über den Planeten Erde für sich beansprucht, wird »Fortschritt« vor allem auf Kosten einer Natur erzielt, die zunehmend ausblutet. Wer die Beziehungskrise zwischen Mensch und Umwelt
therapieren will, muss indes nicht nur ökonomische und politische, sondern auch kulturelle Faktoren berücksichtigen, wenn es darum geht, nach Ursachen und Lösungen für die Misere zu suchen. Denn es sind Weltbilder, Überzeugungen,
Werte und Normen - kurzum: kulturelle Prägungen -, die dazu geführt haben, dass Natur in den westlichen Industrienationen zum »ganz anderen« stilisiert werden
konnte, das zum einen romantisch überhöht, zum anderen gnadenlos ausgebeutet wird.
Doch es geht beileibe nicht nur darum, Kultur als Verursacher von Missständen und als Brandbeschleuniger zu betrachten. Vielmehr ist Kultur auch Motor der Vorstellungskraft für eine bessere Zukunft, durch den Visionen Gestalt annehmen und Szenarien erprobt werden können, wie die ökologische Krise in ein harmonischeres Verhältnis alles Lebendigen überführt werden könnte. Diesem Potenzial der Kultur ist die vorliegende Publikation gewidmet.