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Kazimierz Dolny an der Weichsel war schon in den 1920er und 1930er Jahren eine beliebte Sommerfrische, nicht zuletzt für die Warschauer Intelligenz und das künstlerische Milieu der polnischen Hauptstadt. Hier präsentiert sich ein Ensemble illustrer kleiner Heldinnen und Helden mit ihren teils diffusen Weltbildern: Geliebte beiderlei Geschlechts, Künstler, Kunstliebhaber, Frustrierte und Inspirierte, Fischer, ein Barbesitzer, eine Eisverkäuferin, ein Politfunktionär, eine jüdische Bettlerin, fromme Juden, diverse Lebedamen, elegante und weniger elegante Kavaliere sowie tiefe Frömmigkeit, katholischer Volksglaube, Kleingeist, Halbverrücktes und politische Träume. Sie umgibt eine atemberaubende Aura aus jüdischem Leben und polnisch-jüdischem Gegeneinander, Hetze und Hoffnungslosigkeit, Frömmigkeit und Libertinage.
Zum Spannungsbogen zwischen Hauptstadt und Provinz gesellt sich ein dritter Schauplatz:
das Städtchen Góra Kalwaria (jiddisch Gur), das westlichste Zentrum des polnischen Chassidismus. Sie bilden eine Trias zwischen kleinstädtischem Alltag, der ersehnten Flucht in die imaginierte Gegenwelt einer polnisch-jüdischen Sommeridylle und der Vitalität der chassidischen Gemeinschaft und ihrer traditionellen Heilserwartungen.
Rudnickis Erzählessay besticht durch seine ironisch zugespitzte Analyse der Zwischenkriegsgesellschaft, ihren Merkwürdigkeiten und Verklemmtheiten, ihrer Sehnsucht nach einem Ausbruch aus den sozialen Konventionen und der damit einhergehenden Angst. Es gelingt ihm auf diese Weise exemplarisch, den letzten Sommer des polnischen Judentums literarisch zu bewahren.