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Nationsbildungen im Osten Europas kommt eine Sonderrolle zu. Nationen und Nationalstaaten entstanden aus dem Zerfall der Imperien, zuletzt dem Sowjetreich. Die verspäteten Wieder- oder Neuentstehungen in einem stark multiethnisch besiedelten Großraum lassen sich in drei Phasen der Nationsbildung unterscheiden, die im vorliegenden Band betrachtet und in Beziehung zueinander gesetzt werden: die Phase der Neuordnung nach dem Ersten Weltkrieg, dann unter sowjetischer Herrschaft nach dem Zweiten Weltkrieg und schließlich seit dem Beginn der Transformationszeit im ausgehenden 20. Jahrhundert.
So dicht die Erforschung von nation-building allgemein ist, so erforderlich bleibt die spezielle Analyse in Bezug auf Osteuropa und die Auswirkungen auf die zeitgenössische Außenpolitik. An ausgewählten Länderbeispielen hat ein Team von 32 Autorinnen und Autoren erarbeitet, wie nationale Identität im Untersuchungszeitraum verstanden, wie dabei Nation definiert wurde und welche Impliktationen sich daraus für das zu gestaltende Staatswesen, seine Ethnien, für Raum, Grenzen, Nachbarschaften und internationale Assoziierungen ergaben; inwieweit sich Außenpolitik aufgrund dessen integrativ gestalten ließ, weshalb sie konfliktgeladen blieb.
Es kann gezeigt werden, dass die Nation trotz der Herausforderung durch Internationalismus und Kommunismus sowjetischen Typs Bezugsgröße und Ort der Identifikation geblieben ist - in einem dauerhaften Ringen zwischen den Konzepten von ethnischer und staatsbürgerlicher Nation, von politischer Souveränität versus föderativem Zusammenschluss. Durch divergierende außenpolitische Positionierungen, deren historische Wurzeln oft weit zurückreichen, werden immer wieder aufs Neue eine konsensuale Homogenisierung und Stabilisierung der internationalen Politik erschwert. Der Blick auf die Geschichte von Nationsbildung und Außenpolitik im östlichen Europa soll Wissen und Methoden bündeln, die auch der Analyse gegenwärtiger Konfliktlagen dienen können.