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Man sieht das gesamte Werk von Dillenberger erst >richtig<, wenn man es nicht richtig sieht. Natürlich gibt es an handwerklich meisterhaften Details viel zu entdecken - man schaue nur bei scheinbar simpel abfotografierten Szenarien wie >devot I< und >devot II< einmal genauer hin. Aber die ästhetische Singularität der Werke, ihre tiefblickende Substanz, ihre schmerzhafte Wahrhaftigkeit offenbaren sich erst, wenn man sie als Ganzes in den Blick nimmt - ein wenig unkonzentriert, ein wenig erschöpft, ein wenig überfordert. Wie z. B. bei einem Rothko ist auch bei Dillenberger ein übergenaues Hinsehen ganz falsch.
Und das gilt auch für die Texte, die schon alleine deshalb eine ästhetische Einheit mit den Grafiken bilden. Man habe keine Furcht, bei dieser >Rezeption in der Zerstreuung< (Benjamin) etwas Wichtiges zu überlesen. Dillenberger baut in seine Werke tückische Widerhaken ein, die uns immer wieder schmerzhaft daran erinnern, worum es bei Kunst eigentlich geht: Die abgrundtiefe Trauer über den verlorengegangen Sinn. Diese Widerhaken sind manchmal so subtil gesetzt, dass man zunächst gar nicht erkennt, warum eine Zeile so hartnäckig im Hirn rotiert. Ein Beispiel: >ich kniete nieder, wie das menschen tun<. Je nachdem, ob man beim Lesen die Betonung auf >menschen< oder auf >tun< legt, rechnet sich das Lyrische Ich zu den Menschen oder - eben nicht. Letzteres wäre natürlich derart deprimierend, dass es kaum zu ertragen wäre. Dillenberger jedenfalls lässt uns mit dieser Frage alleine. Der Leser muss das selbst entscheiden.