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Der Ortasee, mit seinen gut 18 km² Fläche der kleinste unter den touristisch bedeutsamen nord-italienischen Seen, spielt bei den jährlich an die ,Laghi italiani' einfallenden Besuchern eine noch unauffällige Rolle. Dies liegt vermutlich schlicht an seiner Größe; denn was Landschaft, Wasserqualität, Klima und das gesellschaftliche Leben in all seinen Facetten betrifft, steht der Lago d'Orta seinen großen Brüdern in nichts nach. Dennoch, die Fülle der Touristen an den ,etablierten' Seen Norditaliens hat ihre Spuren hinterlassen; in letzter Zeit hat der kleine See gerade die Anhänger hinzugewonnen, die ursprünglich nur kurz einmal hinüberschnuppern wollten. Zur Erklärung: am Ortasee ist das Leben noch nicht zu 100 Prozent vom Tourismus geprägt, es geht ursprünglich und gelassen zu, ein entscheidender Vorteil in diesen hektischen Zeiten. Der Cusio liegt landschaftlich reizvoll in einem südlich ausgerichteten, ehemals stark bewaldeten Tal des nördlichen Piemont, einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Italiens.
Der nördliche Teil des Cusios gehört politisch zur Provinz Verbano-Cusio-Ossola, der wesentlich größere und südliche Teil zur Provinz Novara. Weite Bereiche, insbesondere des westlichen Ufers, sind bewaldet und von nur geringer Bebauung; sicherlich ein Grund für die gute Wasserqualität. Neben unterirdischen Zuflüssen ist es vor allem der Pescone, der den See mit frischem Wasser versorgt; er mündet bei Pettenasco in den See. Im Norden, und das ist sehr ungewöhnlich, fließt das Wasser, gebremst durch eine Eiszeit-Moräne, mit dem Nigoglia langsam in Richtung Norden ab; die Verweildauer des Wassers beträgt ca. 10 Jahre. Wenn man zurückschaut, war es um das Leben im See nicht immer gut gestellt: 1986 wurde der See nach jahrzehntelanger Einleitung von ungetrübten Abwässern der Metall- und Kunstseidenindustrie (Bemberg) für tot erklärt, und erst 1990 griffen Maßnahmen, der Übersäuerung des Wassers entgegenzutreten. Die Zugabe immenser Mengen Kalk konnte den Säurehaushalt des Wassers wieder einigermaßen herstellen. Seitdem hat sich das Leben im See normalisiert, Insekten, Krebstiere, Algen und Fische bilden wieder ein einigermaßen stabiles Gleichgewicht.
Im Norden befindet sich mit Omegna die größte Ansiedlung am See, weiter im Süden stellt Orta San Giulio nicht nur den Namensgeber des Sees, sondern auch dessen touristisches Zentrum. Mit dem Sacro Monte beherbergt der Ort sogar ein UNESCO-Weltkulturerbe. Ganz in der Nähe, in einmalig schöner Lage, liegt die einzige Insel des Sees, die Isola San Giulio, die nicht zuletzt durch ihre bedeutsame Klosteranlage die meisten Besucher anzieht. Nördlich von Orta San Giulio - entlang des Ostufers in Richtung Omegna - folgen einige kleinere Ortschaften mit Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätzen, die häufig direkt am See liegen. Im Bergland oberhalb des Ostufers finden sich zahlreiche kleine Bergdörfer mit teils historischen Ortskernen und sehenswerten Kirchen, die untereinander mit Wanderwegen verbunden sind. Sie liegen malerisch an den Berghängen der Monti Mottarone, Mazzarone, Formica und Rossacci, um nur die wichtigsten zu nennen. Die lebendigen Örtchen (u.a. Agrano, Ameno, Armeno, Miasino) spielen für die Region eine wichtige kulturelle Rolle und bieten auch Unterkünfte für Touristen. Besonders die Agriturismo-Betriebe (Urlaub auf dem Bauernhof) versorgen die Urlauber mit traditionellen Gerichten, einige Museen zeigen zudem die ursprüngliche Lebensart der Bevölkerung.
Pettenasco gehört zu den beliebtesten Orten, auch wegen der zahlreichen Campingplätze, des klaren Wassers und des schönen Seezugangs. Das Seeufer ist in Folge zum Großteil naturbelassen, meist mit dichter Botanik bewachsen und eher unzugänglich. Entlang der Ortschaften ist das Ufer jedoch stets befestigt, sodass der Zugang über Stufen erfolgt und immer wieder durch Badestellen unterbrochen wird. Vor allem im Süden wurden wenige Kiesstrände auch mit Sand aufgefüllt, was heutzutage auch hier zum guten Ton zu gehören scheint. Die Wasserqualität des Ortasees ist auffallend gut, das Wasser klarer und frischer als an jedem anderen oberitalienischen See. Seine Farbe erinnert bei günstigem Licht stellenweise sogar an das Meer: azurn, absolut klar, die Sicht reicht bis in mehrere Meter Tiefe: ein ,klarer' Pluspunkt für den Lago d'Orta. An seiner tiefsten Stelle misst der Lago d'Orta übrigens 143 m, beeindruckend, wenn man bedenkt, wie klein er ist. Entsprechend fällt das Ufer unter Wasser teilweise steil ab. Zum Glück gibt es aber auch viele seichtere Badestellen für die Kleinen. Am südlichen Ende, ein Stück vom See entfernt, liegt Gozzano, ein idealer Ort, um Einkäufe zu machen. Gozzano war ehemals Bischofssitz und bietet eine imposante Klosteranlage samt Bischofskirche. Der Gemeinde vorgelagert ist Buccione, ein Uferstreifen mit zahlreichen Villen und anderen prachtvollen Bauten aus dem 18. und 19. Jahrhundert, wobei man den Prunk wie am Lago Maggiore oder Lago di Como meist vergeblich sucht (dafür gibt es hier ein schönes Strandbad). Der dazugehörige und namensgleiche Turm gehört zu den Hauptattraktionen der gesamten Gegend. TIPP | Westlich des Strandbads beginnt die empfehlenswerte Uferwanderung bis vor die Tore von Pella!!!
Folgt man der Straße weiter am Westufer entlang, passiert man San Maurizio d'Opaglio, einen geschäftigen Ort, dessen Fraktionen (Gemeindeteile) teilweise direkt bis an den See reichen. Im weiteren Verlauf verlässt die reguläre Uferstraße in Pella den See, führt durch bergiges Hinterland nach Cesara und schließlich nach Omegna. Pella mit seiner schönen Seepromenade, den Ristorante und Cafés ist immer einen Besuch wert. Von hier aus kann man auch einen Ausflug zur Isola San Giulio starten. Steil oberhalb des Ortes liegt die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso, ein beeindruckender Sakralbau, der praktisch von jedem Ort des Sees zu sehen ist und wie eine Göttin achtsam und mahnend auf den See und deren Menschen hinabblickt. Hinter dem Ort Pella beginnt in nördlicher Richtung die ,raue' Seite des Ortasees. Steil aufragende Felsen bestimmen ab hier das Uferbild, und mit Ronco gibt es einen bemerkenswerten Ort, der nur über eine Sackgasse entlang des schmalen Ufers zu erreichen ist. Geologen sehen in diesen Bergen die letzten Ausläufer des Monte Rosa-Massiv, das sich weit im Westen majestätisch bis auf 4 653 m erhebt und bei klarer Sicht einen beeindruckenden Anblick darstellt. Größere Ortschaften sucht man hier am Westufer vergebens, romantische dafür umso mehr: ein Besuch in Oira - zu Fuß oder mit dem Auto über die enge Serpentinenstraße - ist Pflicht. Die größte Stadt am See folgt ganz im Norden: Omegna bietet einen hübschen Ortskern, eine weitläufige Promenade und ein großzügiges Strandbad am südlichen Westufer. Auch der Hafenbereich rund um den Zufluss Nigiglia ist sehenswert! Für Wanderfreunde interessant ist das von Omegna sich nach Nordwesten hin öffnende Valstrona mit interessanten Heimatmuseen, die u.a. das Thema der alten Walsersiedlungen beleuchten. Der Wanderweg ,Giro Lago' führt die Besucher auf gut ausgeschilderten Wegen um den ganzen See herum. Zusätzlich gibt es viele weitere ausgeschilderte Wander- und Spazierpfade. Die örtlichen Tourismusbüros [teilweise unbesetzt, dann nur Prospekte] geben gerne darüber Auskunft, ebenso über weitere Freizeitangebote.
HINWEIS | In allen Orten am See erfährt man eine ganz besondere Gastfreundschaft. Die Einwohner, so scheint es, verspüren eine Art Stolz, dass immer mehr Menschen den Weg zu ihrem Paradies gefunden haben und noch finden werden. Massentourismus sucht man nach wie vor vergebens - Gott sei Dank. Dafür genießen auch Prominente die besondere Atmosphäre am Lago d'Orta. So lebt und arbeitet der berühmte italienische Designer Alessi schon seit Jahrzehnten in Crusinallo am nördlichen Ende des Cusio.
Schönen Urlaub!