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Über 40 Jahre lang bot die "Colonia Dignidad", die "Kolonie Würde", im Süden Chiles ein Musterbild deutscher Tüchtigkeit, Ordnung und Musikalität. Etwa 300 fleißige und fromme Auswanderer verkauften seit Anfang der 60er Jahre für viele Millionen Dollar Wurst und Kuchen, pflegten im eigenen Krankenhaus ihre armen chilenischen Nachbarn und sangen vor prominenten Besuchern in Dirndl und Lederhose Volkslieder und Bach-Choräle. Hinter der sorgsam gepflegten Kulisse vergewaltigte Paul Schäfer, Gründer und Führer der Gemeinde, ungezählte Jungen, ließ auch den kleinsten Zweifel an seiner Allmacht brutal bestrafen. Während der Diktatur von Augusto Pinochet stellte er das hermetisch abgeschottete Siedlungsgelände dem chilenischen Geheimdienst für Folter und Mord an politischen Gefangenen zur Verfügung.
Vor den Ermittlern des demokratischen Chile floh Schäfer nach Argentinien, wo er 2005 verhaftet wurde und 2010 im Gefängnis starb. Seine ganz auf ihn eingeschworene Glaubensgemeinschaft löste sich aber keineswegs auf. Als "Villa Baviera" existiert sie immer noch. Aus dem einstigen Folterlager ist ein Ferienort geworden.
Ist dieses "Bayerische Dorf" heute nichts weiter als eine von vielen Tourismusattraktionen Lateinamerikas? Hat es sich von seiner verbrecherischen Vergangenheit gelöst? Oder lebt der Geist der "Colonia Dignidad" in der bajuwarisch herausgeputzten Idylle fort?
Seit 2006 hat sich Horst Rückert intensiv mit der Geschichte des "Blendwerks" der "Colonia Dignidad" beschäftigt und akribisch recherchiert. Dieses Buch bietet erstmals einen umfassenden Überblick.