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Die junge Halbwaise Orti lebt als Außenseiterin im Haushalt ihres Vaters. Streng hält man die uneheliche Tochter von den Vergnügungen der anderen Mädchen fern. Dennoch schwärmt Orti für Indrik, den attraktivsten unter den Bauernsöhnen des Ortes. Ortis mißliche Lage wird noch zusätzlich erschwert, da die geliebte Stiefmutter Anne im Sterben liegt. Das junge Mädchen beschließt, an einem Bittgang zum nahen Wallfahrtsort teilzunehmen und der Muttergottes das eigene, als Last empfundene Leben im Tausch gegen das der Stiefmutter anzubieten. Den Heimweg tritt sie dann allerdings überraschend in Begleitung von Indrik an. Im Glauben, endlich den ersehnten Geliebten für sich gewonnen zu haben, bemüht Orti sich nun, ihren vermeintlichen Pakt mit den himmlischen Mächten wieder zu annullieren. Eine Lösung scheint jedoch nicht in Sicht, und so mündet der Konflikt in eine Verzweiflungstat.Die Wiederentdeckung des Erzählers Keyserling hat den Dramatiker bisher nicht dem Vergessen entrissen. Dabei galt Keyserling Anfang des 20. Jahrhunderts durchaus als vielbeachteter Bühnenautor, Dramen wie "Ein Frühlingsopfer" standen auf den Spielplänen vieler großer Theater, und die poetischen Qualitäten gerade dieses Erstlings - das Einfangen von Stimmungen, die kunstvolle Leitmotivtechnik oder die Figur der Orti - fanden allgemein Beachtung. In einer Art von lyrisch grundiertem Naturalismus entwirft Keyserling nicht nur das Bild einer dörflichen Welt auf dem Baltikum, das Stück steht als Jugend- und Pubertätsdrama auch unmittelbar in der Tradition von Max Halbes "Jugend" und Wedekinds "Frühlings Erwachen". Das "Frühlingsopfer" mag in der dramatischen Gestaltung ein wenig konventionell angelegt sein; dennoch spürt man bis heute den eigentümlichen Reiz einer Arbeit, in der schon manche Motive der späteren Erzählungen und Romane Keyserlings anklingen.