Toleranz ist eine Haltung, mit der sich viele gerne schmücken -
die Reichen gegenüber den Armen, die Starken gegenüber den
Schwachen, die Heteros gegenüber den Homos. Wer es sich leisten
kann, ist tolerant.
Wenn aber »Ehrenmorde« als ganz normale Verbrechen gelten,
wenn Terroristen zu »Widerstandskämpfern« deklariert werden,
wenn ein Regierender Bürgermeister die Teilnehmer einer
Sadomaso-Fete persönlich willkommen heißt und ein rechtskräftig
verurteilter Kindermörder Prozesskostenhilfe bekommt, um einen
Prozess gegen die Bundesrepublik führen zu können, weil ihm
bei der Vernehmung Ohrfeigen angedroht wurden - dann wird
Toleranz zu einem gesellschaftlichen Selbstmord auf Raten.
Unter solchen Bedingungen, so Henryk M. Broders provokative
These, wird Intoleranz zur Pflicht und Tugend: Intoleranz
gegenüber dem wohlfeilen Gutmenschentum, gegenüber totalitären
Utopien - und gegenüber Menschen und Kulturen, die ihrerseits
nichts von Toleranz halten.