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Wie küßt man in Rußland? Eines steht fest: Dort küßt man viel, und man küßt leidenschaftlich. Tatjana Kuschtewskaja hat ein kurzweiliges Buch über die Vielfalt des russischen Kusses verfaßt. In der Form eines "Kuß-Alphabets" breitet sie eine Fülle von Küssen vor dem Leser aus. Den roten Faden bilden die fiktiven Küsse der großen russischen Schriftsteller, nicht zu vergessen die der Dichterinnen. Anna Achmatowa läßt sich im Gedicht einen Handkuß geben: "Wie schlichter Höflichkeit zuliebe, / Bald spitzbübisch, bald nonchalant / Mir zulächelnd, kam er herüber / Und küßte flüchtig meine Hand ..." Während Dostojewskij mit Küssen geizte und Gogol sich vor Frauen wie vor Küssen geradezu fürchtete, versinken die Figuren im Werk des Nobelpreisträgers Bunin in den "dunklen Alleen" der Leidenschaft. Tschechow ist auch im wirklichen Leben trunken von Küssen. Einen Brief an Lina Misina beschließt er mit den Worten: "Mit knechtseliger Ergebenheit küsse ich Ihr Puderdöschen und neide Ihren alten Stiefeln die Freude, Sie jeden Tag zu sehen."
Aber das Buch bietet mehr als eine Sammlung literarischer Küsse; es ist eine kleine Kulturgeschichte der russischen Kußbräuche. Will man eine eidesstattliche Versicherung ablegen, so küßt man das Kreuz. Als Student wiederum ist man vielleicht eher geneigt, die Ikone mit dem Namen "Vermehrung des Verstandes" in einer Moskauer Kirche zu küssen. Und berühmt-berüchtigt sind die staatlichen "Lippenbekenntnisse", allen voran der legendäre sozialistische Bruderkuß, den Honecker und Breschnew einst vollzogen.