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Zahlen sind objektiv, rational, unabhängig von regionalem Dialekt oder Zeitstimmung, so scheint es. 2+2 ergibt 4, gleichgültig, ob dies heute ein chinesischer Erstklässler oder im 19. Jahrhundert ein badischer Kolonialwarenbesitzer errechnet(e). Sobald jedoch über die rationale Formalität der Zahl hinaus dasjenige in den Blick kommt, was gezählt wird, verschwindet alle Vernunft, und starke Gefühle treten auf: persönlicher Reichtum, das Handelsvolumen einer Volkswirtschaft, die Armeestärke, die Fläche eines Nationalstaates oder umkämpften Territoriums. Das Glücksspiel reizt mit Zufall und Unberechenbarkeit der Zahl. Aus mythischen und religiösen Quellen speist sich die irrationale Alltagsmacht der 3 (»Aller guten Dinge ...«), der 7 (»Die glorreichen ...«) oder der 13 (»Freitag, der ...«).Ausstellung und Buch zeichnen den bis heute folgenreichen Triumph der Zahl in allen Lebensbereichen des 19. Jahrhunderts nach. In diesem Jahrhundert ereignete sich der Übergang von der großen »1« zur »2«, vom einen Gott zu Pluralismus und Relativität, vom Einzelgegenstand im alltäglichen Leben um 1800 zum Massenprodukt um 1900, vom gemalten Unikat zur fotografischen Vervielfältigung, von fürstlicher Einzelherrschaft zu bürgerlicher Konkurrenz um Mitsprache und Macht. Technisch und wirtschaftlich verlief die Entwicklung umgekehrt. Die Normierung der bunten Vielfalt der regionalen Maße wie Klafter, Elle und Fuß und die Standardisierung einer landesweit gültigen Uhrzeit begünstigten Handel und Verkehr. Die Quantifizierung von allem im 19. Jahrhundert vereinheitlichte das praktische Leben einerseits und vervielfältigte Werte und kulturelle Deutungen andererseits.