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Das Ziel dieser Arbeit war es, eine flexible Steuerung zu entwickeln, die es Laufmaschinen ermög- licht, unstrukturiertes Gelände teilautonom zu durchqueren. Hierzu wurde eine schwach-temporal- hierarchische Verhaltenssteuerung entwickelt. Diese Verhaltensnetzwerk genannte Steuerung orien- tiert sich hinsichtlich der Topologie und der Methoden zur Synchronisation zwischen den Verhalten an Erkenntnissen aus der Biologie. Durch eine einheitlich Schnittstelle der verwendeten Verhaltens- bausteine ist es möglich, bekannte und erfolgreiche Verfahren zur Lösung von Teilproblemen bei der Steuerung von Laufmaschinen in ein Verhaltensnetzwerk zu integrieren. Die Schnittstellen der Verhalten, die Fusion von Verhaltensausgaben, die Strukturen zur Kopplung von Verhalten und der topologische Aufbau der Verhaltensnetzwerke wurde formal eingeführt und eine Entwurfsmethodik für eine Steuerung vorgestellt.
Die auf den Robotern B und L IV eingesetzten Verhaltensnetzwerke wurden hinsich- lich ihres Aufbaus und der Funktion der Verhalten beschrieben und die Überlegungen beim Ent- wurfsprozess dargelegt. Anhand von Experimenten wurde die Leistungsfähigkeit der Implementie- rung demonstriert. Als Basis für die Funktion dieser Netzwerke wurden Erkenntnisse über das Lauf- verhalten und die dabei beteiligten neuronalen Strukturen von Säugetieren und Insekten verwendet. Damit konnte gezeigt werden, dass sich ein Verhaltensnetzwerk zur Steuerung von Laufmaschinen mit zentralen Mustergeneratoren und auch zur Umsetzung von verteilten dezentralen Ansätzen eig- net.
Die Verhaltensnetzwerke haben sich als sehr leistungsfähig bei der adaptiven Steuerung von kom- plexen mobilen Robotern wie Laufmaschinen bewährt. Die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes zeigt sich auch darin, dass Verhaltensnetzwerke nicht nur zur Lokomotionskontrolle von Laufmaschinen, sondern auch erfolgreich zur adaptiven Steuerung von autonomen Indoor- (Odete, Bürkle (2006)) und Outdoor-Fahrzeugen (MARVIN, Proetzsch et al. (2005)) verwendet werden und außerdem für den Einsatz in den reaktiven Ebenen im SFB TG28 "Autonomes Automobil" vorgesehen sind.
- 1 Wissenschaftliche Erkenntnisse der Arbeit
Aus wissenschaftlicher Sicht wurden in dieser Arbeit folgende Erkenntnisse zum Entwurf von ad- aptiven und reaktiven Steuerungen für Laufmaschinen gemacht:
. Die Verwendung von Strukturwissen über die Kinematik des Roboters beim Aufbau der To- pologie einer hierachischen Steuerung ist eine Notwendigkeit zum Erreichen von adaptiven Bewegungen bei komplexen Robotersystemen. Zur Beschreibung dieser Vorgehensweise wur- de der Begriff kinematotopisch eingeführt.
. Bei der Steuerung von Robotern mit vielen Freiheitsgraden ist es notwendig, keine zeitlich in- variante strenge Hierarchie zu verwenden. Durch die Möglichkeit, Sensor- und Steuersignale auch über mehrere Hierachieebenen hinweg zu verteilen und durch Anpassung der Hierar- chie an die Situation zur Laufzeit ist es möglich, ohne Modellwissen über die Umwelt auf Störungen und äußere Einflüsse zu reagieren.
. Interne Signale der Steuerung können als zusätzliche Informationen für die Steuerung benutzt werden. Die Quantisierung der in den einzelnen Verhaltensbausteinen verrichteten Arbeit kann zur Koordination dieser Verhalten eingesetzt werden. Durch die Verwendung der inter- nen Zustandsbewertung von Komponenten der Steuerung können in Kombination mit der Position innerhalb der Topologie zusätzliche interne Sensorsignale geschaffen werden. Durch diese Sensorsignale wird eine schrittweise, hierachiestufenunabhängige Abstraktion innerhalb der Steuerung ermöglicht.
. Es ist möglich, verhaltensbasierte Steuerungen auch zur Ansteuerung der Bewegungsfrei- heitsgrade von komplexen Robotern erfolgreich einzusetzen. Dabei kann die Flexibilität und die Fähigkeit zur adaptiven Anpassung an neue Umweltsituationen von verhaltensbasierten Steuerungen verwendet werden, um Robotersysteme ohne großes Modellwissen zu steuern. Um dies zu erreichen, muss ein schwach-temporalhierarchischer Ansatz zum Aufbau der Steuerung gewählt werden.
. Die Verwendung von Erkenntnissen aus der Biologie ist beim Entwurf von Laufmaschinen hilfreich. Grundsätzliche Bewegungsmechanismen, Verfahren zur Koordination von Beinen und der topologische Aufbau des natürlichen neuronalen Netzes können auf eine technische Lokomotionskontrolle übertragen werden.
- 2 Ausblick
Die vorliegende Arbeit und die daraus hervorgegangenen Verhaltensnetzwerke bieten die Grundlage für weitere Forschungen und Verbesserungen. Es folgt eine Auswahl von Vorschlägen zu weiteren Forschungsrichtungen in diesem Bereich für die nähere Zukunft.
Rückschlüsse aus den inneren Sensoren
Ein Verhaltensnetzwerk erzeugt eine große Zahl an Informationen innerhalb der Struktur. Diese Informationen müssen nicht zwangsläufig nur zur direkten Steuerung verwendet werden. Interessant wäre der Aufbau eines Klassifikators, der alleine aus diesen Möglichkeiten, vielleicht noch gekoppelt.