In the sale you will find especially cheap items or current promotions.
Want to part with books, CDs, movies or games? Sell everything on momox.com
Ihr Vater, Prinzgemahl Albert aus dem Hause Sachsen-Coburg-Gotha, der ein englischer Liberaler geworden und ein deutscher Schulmeister geblieben war, hatte die Lieblingstochter präpariert, zur Liberalisierung Preußens und damit zur moralischen Eroberung Deutschlands beizutragen. Er ging davon aus, daß die hochgebildete und willensstarke Tochter den zum Thronfolger berufenen Friedrich Wilhelm, den Bismarck für einen Pantoffelhelden hielt, einen Weg aus dem "Berliner Labyrinth" in ein Kanaan des modernen Verfassungsstaates weisen könnte.
Nicht eine Erfolgsgeschichte, sondern ein Leidensweg begann. Die Engländerin in Deutschland vermochte Preußen und das von ihm geführte Reich nicht auf Westkurs zu bringen. Dazu fehlte es ihr wie ihrem Gemahl an Einflußmöglichkeiten, und ihre doktrinäre Haltung hielt sie davon ab, einen Mittelweg zu suchen und zu finden. In der langen Kronprinzenzeit von 1861 bis 1888, in der ihr Erzfeind Bismarck das Heft in der Hand hatte, geriet sie immer mehr ins Hintertreffen. Nach dem Tode Wilhelms I. wurde ihr Gemahl als Friedrich III. zwar König von Preußen und Deutscher Kaiser, aber er war todkrank und sie konnte an seiner Seite als Kaiserin Friedrich in den 99 verbleibenden Tagen keinen Wechsel einleiten.
Mit dem neuen Kaiser, Wilhelm II., ihrem ältesten Sohn, war sie in gegenseitiger Haßliebe verbunden. Sie hielt ihn für einen Reaktionär und er sie für die Engländerin, die Preußens Gloria und Deutschlands Glanz zum Vorteil ihres Mutterlandes zu beeinträchtigen suche - während er selber das meerbeherrschende Albion durch eine eigene Seemacht herauszufordern begann.
Kaiserin Friedrich, wie sie sich auch als Witwe nannte, starb am 5. August 1901 im Alter von sechzig Jahren in ihrem Schloß Friedrichshof im Taunus, ein halbes Jahr nach dem Tode der Queen Victoria. Bis zuletzt hatte sie der Mutter geklagt, daß das preußisch-deutsche Reich ein "Militärstaat" geblieben und kein "Kulturstaat" geworden sei. Doch sie hatte die Hoffnung auf "eine Wiedergeburt der deutschen Reichsverfassung auf solider Grundlage, auf festen Prinzipien konstitutioneller Freiheit" nicht aufgegeben.