In the sale you will find especially cheap items or current promotions.
Want to part with books, CDs, movies or games? Sell everything on momox.com
Kunsttheoretische Äusserungen von Künstlern existieren nicht erst seit den 1920er Jahren, man könnte bis zu Leonardo da Vincis Traktakten zurückblättern. Aber anders als in der Renaissance entwickelte sich der Purismus von Amédée Ozenfant (1886-1966) und Charles-Edouard Jeanneret (1867-1965, bekannt unter dem Pseudonym Le Corbusier) in einer Zeit der zerstörten Konventionen und der Auflösung aller objektiven Verbindlichkeiten. In den Jahren zwischen 1918 und 1925 entstanden die wichtigsten gemeinsam verfassten Manifeste und in dieser Zeit entstanden die weitgehend homogen wirkenden puristischen Stilleben.
Der für den Purismus maßgebliche Impuls ging vom Kubismus aus, gegen den dieser anfangs zwar aufbegehrte, über den er sich aber definierte und von dem er sich mit dem Manifest Le Purisme (1921) schliesslich emanzipieren sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren Theorie und Praxis an einem Punkt angekommen, der von den Autoren selbst als Analogie zum Verhältnis zwischen einer Grammatik und der sprachlichen Äusserung beschrieben wurde. Die puristische Theorie liesse sich somit vom puristischen Stilleben nicht mehr trennen. Das Bild nahm seinen Ausgang von den dargestellten Objekten, wesentlich schien es jedoch die als Grammatik auftretende Theorie zu repräsentieren.
Allerdings will das Bild nicht als Illustration der Theorie gelesen werden. Beide Medien bedürfen einander und treten in ein dialogisches Verhältnis, in dem das Manifest die äussere Ordnung des künstlerischen Schaffens gewährleistet. Die Malerei vollführt wohl einen eigenständigen künstlerischen Diskurs, doch besitzt sie in diesem Komplex auch die Aufgabe, auf theoretische Problemstellungen zu antworten und zugleich neue Problemfelder aufzuspüren. In welchem Verhältnis Theorie und Praxis zueinander stehen können, lässt sich am Purismus exemplarisch zeigen. Dass die Manifeste hier eine neben dem Kunstwerk gleichberechtigte Grösse bilden, lässt sie zu einer notwendigen Voraussetzung für die Interpretation werden.