»Ein bunter Flecken am Kaftan«. Essays zur deutsch-jüdischen Literatur

ÈWi°t ihr, wie mir mein bi°chen Bildung vorkommt? Da hab ich einen bunten Flecken auf meinen Kaftan geheftet, aber ein deutscher Rock ist es nicht gewordenÇ, schrieb der aus Galizien stammende Karl Emil Franzos um das Jahr 1900.Die kulturellen Ideale der deutschen Klassik, von Lessing, Goethe und Schiller, hatten f"r Franzos zeitlebens eine quasi-religiÜse Ersatzfunktion - wie in der folgenden Generation f"r Victor Klemperer. Beide Autoren waren typische Assimilationsjuden, die vergeblich darauf hofften, reales Judentum und ersehntes Deutschtum zur Synthese bringen zu kÜnnen. Beide gehÜren sie in die Geschichte der schwierigen und verwickelten Beziehung von Deutschen und Juden, die kulturell und literarisch so "beraus ertragreich war. Siebzehn Autoren der Èdeutsch-j"dischenÇ Literatur hat Hanjo Kesting essayistisch portrètiert: unter ihnen Theodor Lessing, Alfred Polgar, Siegfried Jacobsohn, Erich M"hsam, Hermann Kesten, Wolfgang Hildesheimer und Peter Weiss. Ohne Anspruch auf Systematik zu erheben, enthèlt das Gruppenbild eine Vielzahl von inneren Bez"gen und Leitmotiven. Am Anfang steht Ludwig BÜrne, der Èferne WegbereiterÇ, der von Gottes gro°er Gnade sprach, Èzugleich ein Deutscher und ein JudeÇ zu sein; am Ende der Ungar Imre KertÄsz als Reprèsentant einer "ber ganz Europa verstreuten, in vielen Sprachen geschriebenen ÈHolocaust-LiteraturÇ, "ber die er sagte: ÈEgal welche Sprache es ist, nie kann sie Muttersprache sein.Ç Alle Essays sind f"r den Druck "berarbeitete Fassungen der Einf"hrungstexte zu den beliebten HÜrfunksendungen ÈAm Morgen vorgelesenÇ und ÈAm Abend vorgelesenÇ im NDR.