Der Dresdner Arzt, Naturwissenschaftler, Landschaftsmaler und Philosoph Carl Gustav Carus (1789-1869) wird noch immer als repr"ntativer Goethe-Verehrer dargestellt. Der hier erstmals vollst"ig vorliegende kommentierte Briefwechsel aus den Jahren 1818 bis 1831 und weitere Zeugnisse fordern eine drastische Korrektur dieser allzu gel"igen Auffassung. Carus erscheint im Briefwechsel mit Goethe als profilierter und eigenst"iger Naturwissenschaftler, dessen Auffassungen und Erl"erungen in Weimar hohes Ansehen genie"n. Durch die morphologischen Arbeiten von Carus f"hlt sich Goethe "in die Jugend hinein-" und "mit ihr fortgewachsen". Carus hingegen versucht sehr rasch im Verlauf des anf"lich naturwissenschaftlich gepr"en Briefwechsels auch einen andauernden k"nstlerischen Austausch mit Goethe herzustellen, was letztlich scheitert. Die nach Goethes Tod erschienenen Goethe-Schriften von Carus lassen ihn als dezidierten Kritiker der Goetheschen Farbenlehre erscheinen. Diese Differenz der Auffassungen gibt Carus jedoch im Briefwechsel mit Goethe wohlweislich nicht zu erkennen. Die sp"ren psychologischen Forschungsinteressen von Carus sto"n wiederum bei Goethe auf eine deutlich reserviertere Haltung, die dieser jedoch ebenfalls f"r sich beh". In diesen komplizierten wechselseitigen Erwartungen wird deutlich, da"im Briefwechsel weit mehr ber"hrt wird als eine "naturwissenschaftliche Correspondenz".
Die Autoren: Stefan Grosche: Studium der Medizin und medizinhistorische Dissertation "Lebenskunst und Heilkunde bei Carl Gustav Carus. Anthropologische Medizin in Goethescher Weltanschauung" (1994) in G"ttingen.
Jutta M"ller-Tamm:Studium der Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte und Theater, Film- und Fernsehwissenschaften in Heidelberg und Frankfurt a.M. Ausstellungskatalog "Goethe und die Kunst" (Mitautorin, 1994). Dissertation "Kunst als Gipfel der Wissenschaft. Zum Verh"nis von "hetischer und wissenschaftlicher Weltaneignung bei Carl Gustav Carus" (1995).