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Edwin Redslob (1884-1973) war der einflussreichste Kulturpolitiker der Moderne. Seine Mission, die bürgerliche Kulturreform in die Gesellschaft zu tragen, verfolgte er über sieben Jahrzehnte. Sein Leben bietet einen einzigartigen Einblick in die verblüffenden Kontinuitäten der deutschen Kulturpolitik über fünf Staatswesen hinweg.
Geprägt im Umfeld Harry Graf Keßlers und Henry van de Veldes wird der Kunsthistoriker zum jüngsten Museumsdirektor des Deutschen Reiches. Er ist u.a. befreundet mit Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff. Als erster "Reichskunstwart" entwickelt er ab 1920 an der Schnittstelle zwischen Künstlern und Intellektuellen, Staat und Volk eine republikanisch-demokratische "Corporate identity": Er ist für die Gestaltung der Briefmarken, Geldscheine, Münzen, Urkunden und Medaillen des Deutschen Reiches zuständig, zieht die bedeutendsten Künstler der Avantgarde heran, um dem Reichsadler eine neue Form zu geben, er koordiniert Wettbewerbe für die Staatsbauten und das "Reichsehrenmal" für die Kriegstoten.
1933 löst die NSDAP-Regierung das Amt des Reichs-kunst-warts auf und verleibt sich Redslobs Konzepte ein. Schon 1945 nimmt er seine kulturpolitischen Aktivitäten wieder auf und ist u.a. an der Gründung des "Tages-spiegel" und der "Freien Universität Berlin" beteiligt.
Redslobs Leben reflektiert das bürgerliche Drama im 20. Jahrhundert auf sehr persönliche Weise. Es zeigt, wie das humanistische Ethos ins Kreuzfeuer politischer Interessen geriet, korrumpiert und instrumentalisiert wurde. Seine Mission musste scheitern, denn sie galt den Menschen eines Jahrhunderts, das Idealisten keinen Platz einräumte. Deswegen ist dieses Portrait auch ein Panoptikum der gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Widerstände, ein Pandämonium der Moderne.