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Um 1980 war das Viertel um das Schulterblatt und vor der Sternschanze eine unwirtliche Nachbarschaft. Zwar sorgte das Gewürzwerk Hermann Laue in der Schanzenstraße für gut aromatisierte Luft, doch konnte der
Geruch nach gemahlenem Zimt und Nelken den Gestank, der im Sommer vom Schlachthof herüberwehte,
nicht überdecken. Draußen zu sitzen war wegen der Geruchsbelästigung und der fehlenden Sitzgelegenheiten nicht üblich. Es gab auch nicht viel zu gucken, denn noch hatte die »kreative Szene« die Schanze nicht erobert. Tagsüber, allerdings nicht während der Mittagszeit zwischen 12 und 15 Uhr, bevölkerten einkaufende Frauen und alte Menschen mit zerfurchten Gesichtern die Straßen vor russgeschwärzten Fassaden. Auf planierten Trümmergrundstücken spielten Kinder vieler Hautfarben. Eine wichtige Funktion erfüllte spät abends der Automatenladen im Abbruchhaus: Er hatte als einziges Geschäft im Viertel geöffnet. Inspiriert von den Protagonisten der amerikanischen »New Color Photography« der 1970er Jahre wie William Eggleston, Joel Meyerowitz, Joel Sternfeld und Stephen Shore porträtierte der Fotograf und Grafiker Thomas Henning von 1978 bis 1985 Straßen, Gebäude und die Bewohner des Schanzenviertels, die bereitwillig und voller Stolz vor seiner Kamera posierten. Die Bilder in diesem Buch sind ein farbiges Zeitdokument, ein Beispiel der sozialdokumentarischen Fotografie und dabei kunstvoll ohne jede kunstfotografische Prätention.