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Nachts, wenn an der Copacabana die Korken knallen, fallen in den Favelas Schüsse. Hier wachsen Kinder auf, die es nicht gewöhnt sind, dass jemand an sie glaubt. Auf die statt Schulbildung Dealerkarrieren warten und deren Selbstvertrauen keinen interessiert.
Thomas Lupo ist jung, frisch verheiratet und top ausgebildet, als er seine Frau um fünf Monate Zeit bittet. Zeit, die er dort verbringen will, wo die Hochzeitsreise nicht hin ging: In einer Favela außerhalb von Belo Horizonte.
Wo die Hochzeitsreise nicht hinführt
Er packt seine Koffer mit allem, was man als Kreativer braucht: mit Pappe, Transparentpapier, Schaumstoff, Stoffen, Wäscheklammern, Tusche, Kreide, Klebstoff, Kameras, DVD-Rohlingen und Chemikalien, um Fotos zu entwickeln. Er mietet ein Zimmer mittendrin in der Favela, klein, stickig, Toilette im Hof. Er bewirbt sich als Aushilfskindergärtner.
Sukzessive fassen die Kinder Vertrauen. Kinder, die ihre Väter nicht kennen, Kinder, deren Weg vorprogrammiert scheint. Mit einfachsten Mitteln entfesselt er in ihnen ungeahnte Kreativität. Sie nähen Monsterpuppen und setzen sie in der Favela aus. Sie bauen Schablonen und besprühen Häuser. Die Einwohner staunen, werden neugierig, wollen auch ein geschmücktes Haus.
Aus Streichholzschachteln bauen Tom Lupo und die Kinder Einwegkameras mit abgelaufenen Filmen drin. Sie lernen ihre Umgebung neu zu sehen. Lichteinfall und die Spuren des Verfallsdatums tragen zum künstlerischen Ausdruck bei. Die Kinder lernen hinsehen.
Kunst hilft
Während fünf Monaten hinterlassen die Kinder nicht nur Spuren in der Favela, sondern auch in Tom Lupos Herzen. Zurück in Deutschland verarbeitet er die Favela-Erfahrung in seiner Diplomarbeit und reicht sie zu Wettbewerben ein. Da begegnet sie uns und wir treffen uns, sind von der Kraft, die Kreativität entfesselt, wenn man sie nicht nur in den Dienst der Umsatzsteigerung stellt, begeistert. Machen aus der Diplomarbeit ein Buch.
Parallel gründet der Jung-von-Matt-Kreative gemeinsam mit seiner Frau Art Helps, einen Verein, der fördert, entfesselt, und macht weitere Projekte. In anderen Ländern (z.B. Afghanistan) und mit anderen Zielgruppen (z.B. jungen Strafgefangenen).
Kreativität kann mehr als Konsum ankurbeln! Vielleicht tut eine Anleitung zum Ausbrechen der Kreativlaufbahn sogar ganz gut ...