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Kosten, Nutzen und Schuldenkrise - das sind die bestimmenden
Größen, wenn heute von Europa die Rede ist. Mit
seinen fünf Streiflichtern über den Kontinent erinnert Alvermann
an den Reichtum und die Vielfalt europäischer Kultur
und Geschichte.
Die erste seiner fotografischen Kurzgeschichten führt nach
Warschau. Im Oktober 1956 hatte sich Alvermann dorthin
begeben, um von einer ruhelosen Stadt zu erzählen, wo auch
im Schlagschatten sowjetischer Panzer noch das sanfte Rauschen
der Weichsel zu hören war. Für die zweite Erzählung
schummelt er seine Kamera 1962 nach Tirana ins abgeschottete
stalinistische Albanien. In seiner Neapel-Geschichte
trifft Alvermann einen Mafia-Boss und entwischt den Carabinieri
nur knapp, als er die nächtliche Räumung eines Hafenviertels
fotografisch dokumentieren will. Wie ein Märchen
aus uralten Zeiten erzählen seine Bilder der spanischen
Halbinsel Peñiscola von kleinen Bergdörfern und Fischerhafen
ohne Hotelhochburgen und Beton. Und auch seine
Shortstory vom Sheffield der 1960er Jahre erinnert an eine
ruhmvolle Vergangenheit, als in der Stahlschmiede der Arbeiterstolz
noch nicht vom Dienstleistungsgedanken vertrieben
worden war. So unterschiedlich erzählt sich Geschichte, so
unmittelbar erklären sich die politischen Wurzeln Europas
im Bild.
Dirk Alvermann, geboren 1937, veröffentlichte ab den 1950er
Jahren politische Fotoreportagen und Bildbände wie Keine Experimente
- Bilder zum Grundgesetz (1961). Er übersiedelte 1966
nach Ostberlin, DDR. 1979 zog er mit seinem legendären Buch
Ich liebe Dich vorerst einen Schlussstrich unter seine fotografische
Arbeit und war fortan als Dokumentarfilmer und Schriftsteller
tätig. Bei Steidl ist das Faksimile Algeria (in Protest Box, hg. von
Martin Parr) erschienen. Im Frühjahr 2012 folgt die deutsche
Ausgabe Algerien.