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Die Verbreitung narratologischer Modelle im interkulturellen Austausch hat sich bisher auf das disziplinäre Spektrum der traditionellen Kulturwissenschaften beschränkt. Die Text- und Kulturwissenschaften, die sich mit ,nicht-abendländischen' Narrationen befassen, sind bedauerlicherweise in keiner Weise einbezogen worden. In den Beiträgen dieses Bandes wird daher der Versuch unternommen, die narrativen Strukturen in ,nicht-abendländischen' Texten herauszuarbeiten und zu analysieren. Ein Text stellt dabei erst einmal eine sprachliche Einheit dar, die durch verschiedene Eigenschaften der Textualität charakterisiert wird. Dadurch wird eine Texttiefenstruktur erkennbar, die auf eine kommunikative Situation, eine thematische Entfaltung und eine Kommunikationsabsicht schließen lässt. Unsere Texte, die in den unterschiedlichsten Sprachen abgefasst sind, haben wir bewusst so gewählt, dass sie aus ganz verschiedenen Epochen stammen und sich nicht einer Gattung oder einem Genre zuordnen lassen. In chronologischer Reihenfolge sind dies: (1) Hethitische (mythische) Erzähltextfragmente aus dem 16./15. Jahrhundert v.u.Z., (2) eine altägyptische Vignette zum 1. Kapitel des Totenbuches aus dem 15. Jahrhundert v.u.Z., (3) ein altägyptischer (mythischer) Kunstprosatext aus dem 12. Jahrhundert v.u.Z., (4) anonyme Pali-Texte des 5. Jahrhunderts u.Z. aus dem Majjhima-Nikaya des Theravada-Kanons, (5) eine altchinesische Anekdotensammlung von Liú Xiàng (lebte 79-8 v.u.Z.), (6) eine japanische Biographie aus dem 9. Jahrhundert u.Z., (7) ein arabisches Geschichtswerk aus dem 10. Jahrhundert u.Z., (8) ein indo-persischer Fürstenspiegel aus dem 16. Jahrhundert u.Z. und (9) ein in mongolischer und mandschurischer Sprache vorliegendes historiographisches Werk aus dem 17. Jahrhundert u.Z. Wir hoffen, damit den ersten Schritt in Richtung einer transkulturellen Narratologie getan zu haben.