Es gibt viele Wege der Selbstfindung, der Markt der Hilfsangebote ist unermesslich: Psychologische Ratgeber, Frauenzeitschriften, Trainingsseminare, Auslands-Crashkurse, Volkshochschulvorträge - alle versprechen »den Weg zum Selbst«.
Doch ist das Ziel, »ganz man selbst zu sein«, nicht nur schwer erreichbar, sondern eigentlich schlichte Unmöglichkeit? Jean-Claude Kaufmann provoziert »Selbstfindungsgetriebene« mit der These, dass es gar kein klar definierbares ICH geben kann: Niemals und selbst nach noch so intensiven Bemühungen haben wir ein unveränderliches »wahres« Selbst in uns. Stattdessen weist unsere Identität unendlich viele Facetten auf und wandelt sich ständig, ohne dass wir uns dessen bewusst wären. Dabei erfinden wir uns permanent selbst und sind in unseren Veränderungen stark durch unsere soziale Herkunft und unser Umfeld beeinflusst.
Jean-Claude Kaufmann erklärt, warum und wie wir uns verändern. Dabei konzentriert sich der französische Klassiker populärer Soziologie auf ganz präzise Momente: Auf die, in denen ICH ein ANDERER wird. Die Mechanismen, die in diesen Augenblicken ablaufen, erläutert er unterhaltsam anhand von wohlbekannten Alltagssituationen: dem Morgen nach einer Liebesnacht, dem Zusammenprall unterschiedlicher Vorstellungen über die Haushaltsführung, dem Ärger über die Tischmanieren des Partners, den Träumen, die man verwirklicht, um dem Leben neuen Schwung zu geben. Er zeigt uns: ICH ist niemals mehr ICH, als wenn es sich anders erfindet.