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Anerkennung bekommt heute als Künstler, wer musikalisch virtuos, bildnerisch hermetisch, fragmentarisch und unbeholfen, konzeptuell jedenfalls strikt fern aller Rezepte sich behaupten kann. Es scheint sich - als Versprechen eines unbedingt gegenakademischen Experimentierens - das Improvisatorische paradox zu einer neuen Doktrin des >freien Kunstschaffens< verfestigt zu haben. Das Thema greift jedoch mittlerweile - als Symptom wie als Versprechen in panisch aktualisierten Krisenzeiten - weit über das Gebiet der Künste hinaus. In den Semantiken spätmoderner Gesellschaften hat sich mittlerweile die Auffassung ausgebreitet, bestimmte Begriffe seien deshalb hoch zu bewerten, weil mit ihnen eine sogenannte Zukunftsoffenheit, gar -tauglichkeit verbunden sei: allen voran Kreativität, Komplexitätssensitivität, emotionale Intelligenz, das Management von Nichtwissen - und nicht zuletzt (die Kunst der) Improvisation. Vor diesem Hintergrund entfaltet Hans Ulrich Reck in sieben kunst-, theorie- und gesellschaftshistorischen Rahmungen - u.a. zu Serge Brignoni, Gordon Matta-Clark, Henri Michaux, zum surrealistischen Film, zur Improvisation in Musik und Technik, zur europäischen Künstlerausbildung und zum Konzept des kreativen >Disegno< - die sich verzweigenden Konfigurationen der Improvisation und des Aleatorischen. Vermieden wird eine mythisch-begriffliche Kategorisierung ebenso wie eine instrumentellbegriffliche Indienstnahme des Improvisierens, der es einzig um eine Fortsetzung des Gewohnten mit anderen, ungewohnten Mitteln geht.