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In fast jeder württembergischen Stadt ist in prominenter Lage eine Straße nach Max Eyth benannt. Denn Eyth, der bodenständige Pionier der Technik, ist, obwohl er daheim keine einzige technische Pioniertat vollbracht hat, als der Gründer der 120 Jahre alten Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft deutschlandweit bekannt. Seine technischen Pionierleistungen fanden in Ägypten und Amerika statt, und niemand hätte daheim in Kirchheim jemals etwas erfahren von den Taten des kleinen Lehrersohnes, wenn der vor 100 Jahren verstorbene Max Eyth nicht später ein lesenswerter Schriftsteller geworden wäre. Denn Technik galt dem theologisch-philologisch gebildeten Bürgertum, aus dem Max Eyth kam, im vorigen Jahrhundert zunächst wenig. Als junger Mann war Eyth noch erfüllt vom Fortschrittsglauben seiner Zeit und um diese vor dem Hintergrund der Globalisierungsdiskussion besser zu verstehen, sollte man heute auch Max Eyth (wieder) lesen. Eyth steht voll uns ganz hinter den Errungenschaften der neuen Technologien, selbst bleibt er jedoch fast gänzlich bewahrt von dem großen Elend in den Fabriken, weil er bis zu seinem 45. Lebensjahr fast nur im Ausland war als einer der ersten Auslandsagenten der britischen Industrie. Eine für die britische Dampfpflug-Fabrik Fowler nützliche Erfindung brachte ihn 1862 zuerst nach London und dann nach Ägypten. Dieses Land blühte damals auf, weil in Amerika Bürgerkrieg herrschte und in Europa die Baumwolle knapp wurde. Ägypten konnte sich als Ersatzlieferant jede Investition leisten und Eyth war mehr als willkommen, als er Plantage um Plantage mit seinen Maschinen bewässerte und umpflügte. 1865 waren die Seehäfen von Louisiana, Alabama und Georgia wieder offen, doch zugleich fehlten dort nach der Befreiung der Sklaven die Baumwollarbeiter. Nur die kraftvollen europäischen Dampfpflüge konnten die verödeten Baumwollfelder wieder aufreißen, was Eyth zu großen Verkaufserfolgen verhalf. Seine abwechslungsreiche Zeit als Handlungsreisender in Sachen Technik verarbeitet.Um zu ermessen, was das Dampfzeitalter für die Ingenieure seiner Zeit bedeutete, muss man sich vergegenwärtigen, das Eyth noch 1863 zwischen Innsbruck und Verona die Postkutsche über den Brenner benützen musste, um sich von einer Eisenbahnstation zur anderen bringen zu lassen. So wird es verständlich, dass er vom Dampf die "Erlösung von Ochsen, Pferden, Leibeigenen und Sklaven" erwartete, und dass ihm die Verbesserung des Pfluges schon fast ein religiöser Auftrag war. Diese Begeisterung trug später auch sein literarisches Erstlingswerk, die Novellen-Sammlung "Hinter Pflug und Schraubstock", die noch vor wenigen Jahrzehnten Standardwerk des Deutschunterrichts an höheren Schulen war. Seine zeitgenössischen Leser waren begeistert vom großartigen Werk und Eyth wurde in seiner dritten Karriere - nach den Ingenieurjahrzehnten und nach der erfolgreichen Gründung und Führung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft- sofort ein Erfolgsschriftsteller. Als "Dichter-Ingenieur" wurde er gerne bezeichnet, doch in die Literaturgeschichte fand Eyth dennoch keinen Einzug. Ein "Philosoph in Wort und Tat" wird er an anderer Stelle genannt. Und so wird man der ganze Fülle dieses Mannes wohl tatsächlich so gerecht, wie ihn einer seiner Verwandten (direkte Nachkommen hatte der eingefleischte Junggeselle nicht) bei einem der vielen Eyth-Feste zu seinem 150. Geburtstag genannt hat: "Er war ein einzigartiger Ingenieur, Landwirt, Dichter, Philosoph, Zeichner und Klavierspieler."