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Franz Kafka wollte im unvollendet gebliebenen Roman "Das Schloß" seinen Landvermesser K. nach all den vergeblichen Versuchen, ins Schloß zu gelangen, an Entkräftung sterben lassen. Die österreichische Schriftstellerin Marianne Gruber hat dies nicht zur Ruhe kommen lassen. Sie schreibt "Das Schloß" in ihrer Auslegung zu Ende, oder besser: Sie benützt Kafkas Roman als Hintergrund und Folie für ihren Text. Vor unseren Augen läßt sie K. wieder auferstehen. Als seinen eigenen Wieder- oder Doppelgänger schickt sie ihn noch einmal auf den Weg, der bei ihr bis ins Schloß hinein führt. Sehr zum Entsetzen des Dorfes und seiner Bewohner, die ihre Ruhe und Ordnung gestört sehen.
Steht bei Kafka das Schloß metaphysisch für das Absolute, zu dem der Mensch keinen Zugang findet, so ist Marianne Grubers Roman, den man übrigens auch ohne Kenntnis Kafkas lesen kann, die psychologische Kehrseite der Medaille: Was steckt hinter dem Schloß? Was steckt hinter dem Hang der Menschen, sich der Herrschaft des Schlosses fraglos zu unterstellen, obwohl sie nicht wissen, von wem oder was es bewohnt ist? Was steckt vor allem dahinter, daß sie das gar nicht wissen wollen?
So kann der Roman "Ins Schloß" als große Metapher der Auseinandersetzung zwischen den bewahrenden, reaktionären Kräften des "Dorfes" und dem aufklärerischen, zersetzenden "fremden" Blick gelesen werden. Und da es darin meistens schneit und da es auch um die Liebe in den Zeiten der Kälte geht, ist der Roman nicht zuletzt ein wunderbar hintergründiges modernes Wintermärchen.