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Die Freimaurerei - eine Utopie? Diese provokative Frage beantwortet Giuliano Di Bernardo mit einem entschiedenen Ja. Allerdings hat der Begriff Utopie für ihn nicht den negativen Beigeschmack, den er im Deutschen besitzt. In Krisenzeiten wie der unsrigen sind immer Utopien entstanden, von Platon bis zu Thomas Morus, Campanella oder Bacon; erdachte Wunschbilder einer besseren Gesellschaftsordnung, aber ohne Aussicht auf baldige Realisierung. Eine solche Utopie ist auch das freimaurerische Ideal einer humanen, brüderlichen Gesellschaft. Gewiss ist auch sie nicht vollkommen, verzichtet aber nicht auf den Versuch beständiger Realisierung in den Logen der Bruderschaft. Eine solche Utopie braucht auch eine neue Ethik. Soweit diese nicht auf dem Boden der herkömmlichen Religionen basieren kann, muss sie für die Menschen des dritten Jahrtausends auf einer dogmenfreien Bindung an das Transzendente beruhen, die ihre Vorbilder in der Mystik hat. Freimaurerei ist keine Religion, aber sie bietet einen Rahmen für eine mystische Bindung an die Gottheit, jenseits aller rationalen Vorstellungen.