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Der zehnte Band von Jungs »Gesammelten Werken« enthält eine Reihe von kleineren Arbeiten, die seit vielen Jahren, zum Teil Jahrzehnten, in einer deutschen Ausgabe nicht mehr greifbar waren, darunter einer der ersten Schriften, in denen Jung von der europäischen kulturellen Krise als einer psychologischen, einer kollektiv-unbewußten spricht: »Über das Unbewußte« von 1918. Dieser Aufsatz eröffnet den Band und gibt damit den Grundton aller weiteren hier gesammelten Erörterungen an. Manche davon, wie die beiden Arbeiten über Indien von 1939, sind deutsch bisher nicht publiziert worden. Andere waren nur in älteren Ausgaben zugänglich, so etwa Jungs berühmte und umstrittene Essays »Wotan« und »Nach der Katastrophe«, in denen er der Welt und sich selbst das Phänomen des Nationalsozialismus erklären wollte und den Begriff der »Kollektivschuld« prägte. Der Band enthält unter anderem auch die seit Jahren vergriffene, 1957 erstmals erschienene Schrift »Gegenwart und Zukunft« und - als umfangreichstes Werk - die Analyse der Angst vor »Fliegenden Tellern«, der Faszination durch »Dinge, die am Himmel gesehen werden«: »Ein moderner Mythus«. All diesen Beiträgen ist gemeinsam, dass Jung, ausgehend von seiner ärztlichen und psychologischen Erfahrung, zu Zeiterscheinungen Stellung nimmt, die ihm - und nicht nur ihm - zutiefst Sorgen bereiten. Er tritt auf als Verteidiger des Individuums gegen die Verdunkelung des Bewußtseins durch die Unmittelbarkeit eines Unbewußten, mit dem keine bewusste und bewußtmachende Auseinandersetzung stattfindet. Alle Modelle gesellschaftlicher Organisation stellt er vor die Frage, wie sie es mit dem einzelnen, mit dem Menschen als Person halten. Dass man gerade bei Jung darüber etwas lernen kann, was der Inhalt des vielgebrauchten Begriffs »Entfremdung« ist, das gehört zu den großen Überraschungen dieses neuen Bandes der »Gesammelten Werke«.