Weisungen aus dem Jenseits?: Der Einfluss mystizistischer Phänomene auf Ordens- und Kirchenleitungen im 19. Jahrhundert

Eine der eigenartigsten Erscheinungen im Katholizismus des 19. Jahrhunderts ist der Hang zum Mystizismus. Im Gefolge der Romantik und in Gegenstellung zur Aufklärung traten übersinnliche Phänomene vielfach in den Mittelpunkt des Denkens und der religiösen Erfahrung. Es ist die Zeit der Seherinnen, der stigmatisierten Frauen, der Marienerscheiunungen, des Spiritismus.

Bis vor Kurzem war es ein gut gehütetes Geheimnis, dass für zahlreiche kirchliche Amtsträger - angefangen von Papst Pius IX. über Bischöfe und Kardinäle, über Ordensobere bis zu renommierten Theologen - angeblich begnadete Seherinnen die Funktion von geistlichen Führerinnen übernahmen. Ihr Einfluss reichte bis in kirchenpolitische Entscheidungen hinein.



Als ein aus heutiger Sicht unglaubliches Beispiel kann der Fall der Altöttinger Seherin Louise Beck gelten, den Otto Weiß auf Basis des erstmals zugänglichen Archivmaterials der Redemptoristen aufarbeitet.