Der Wahrheitskonzeption Anselms von Canterbury (1033/34-1109), die er in »De veritate« in dialogischer Form entwickelt, gebührt ein hervorragender Platz in der Geschichte des Wahrheitsbegriffs, weil sie die erste auf eine Definition hinauslaufende Theorie der Wahrheit in der abendländischen Philosophiegeschichte darstellt, die diesen Namen verdient. Die große Relevanz der Wahrheitstheorie Anselms liegt in ihrem mit beeindruckender Konsequenz durchgeführten Versuch, die eine (mögliche) welttranszendente Bedeutungsdimension und die vielen (tatsächlichen) endlichen Erscheinungsformen und Verwendungsweisen von »Wahrheit« in eine einheitliche, für alle diese Vorkommnisse von Wahrheit gültige Definition des Wahrheitsbegriffs zu integrieren.