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Das Ich nicht vom Zentrum aus, sondern von der Peripherie her, von dem, was uns "zustößt" zu denken, lässt für die Beziehungen von Menschen untereinander völlig neue Perspektiven zu, löst aber auch das bisher feststehende Dogma der Subjekt-Objekt-Spaltung zugunsten einer "ökologischen" Betrachtung des menschlichen Leibes und des menschlichen Bewusstseins auf.
Die moderne Hirnforschung hat seit der überraschenden Entdeckung der sogenannten "Spiegelneurone" festgestellt, dass unser Bewusstsein nicht so isoliert von dem Bewusstsein anderer Menschen und von seiner Umgebung überhaupt ist, wie seit Descartes angenommen wurde. Die Neurowissenschaften sprechen seither von einem "social brain". Was aber bedeutet das konkret? Diese Frage stellt sich auch die phänomenologische und die philosophische Forschung. Wo befindet sich unser Ich, wenn unser Bewusstsein gar nicht auf die Grenzen unseres Leibes beschränkt ist? Dieser grundlegenden Frage gehen die Beiträge zu einer "sphärischen Anthropologie" in diesem Buch nach. Ein Verständnis des Menschen im Sinne einer "sphärischen Anthropologie" kann eine entscheidende Grundlage für die Überwindung der Subjekt-Objekt-Spaltung und damit eines neuen, zukunftweisenden Menschenbildes sein, das besonders für die Pädagogik, aber auch für Medizin und Therapie von großer Bedeutung sein wird.
"Und man wird deshalb zu einer besseren Vorstellung über das <Ich> erkenntnistheoretisch gelangen, wenn man es nicht innerhalb der Leibesorganisation befindlich vorstellt, und die Eindrücke ihm <von außen> geben läßt; sondern wenn man das <Ich> in die Gesetzmäßigkeit der Dinge selbst verlegt, und in der Leibesorganisation nur etwas wie einen Spiegel sieht, welcher das außer dem Leibe liegende Weben des Ich im Transzendenten dem Ich durch die organische Leibestätigkeit zurückspiegelt."
Rudolf Steiner, 1911
Aus dem Inhalt
Andreas Neider (Agentur "Von Mensch zu Mensch" Stuttgart): Hilft uns die Hirnforschung heute noch weiter? / Prof. Gernot Böhme (Uni Darmstadt, Lehrstuhl für Philosophie): Zwischen-Mensch und Mensch / Prof. Thomas Fuchs (Uniklinik Heidelberg, Zentrum für psychosoziale Medizin): Das verkörperte Subjekt / Dr. Jan Vagedes (Uniklinik Tübingen, Oberarzt Filderklinik): Der rhythmische Mensch zwischen Zentrum und Peripherie / Andreas Neider: Das Ich im Umkreis - eine Entwicklungsaufgabe