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Wie gelingt Gastfreundschaft? Jaques Derrida fasste die Antwort einmal kurz: da, wo der Gast zum Gastgeber des Gastgebers wird. Ob das gelingt, entscheidet sich an der Schwelle. Die Schwelle ist der Grundbalken des Hauses, auf den es gebaut und auf den die Eingangstüre gesetzt wird, der Ort, der Innen und Außen trennt. Da entscheidet sich, ob die beiden Seiten sich begegnen: ob der Gastgeber den Gast zu sich einlässt und Gastfreundschaft möglich wird.
Der Gast ist nicht nur der Fremde aus einer anderen Kultur, den ich freundlich aufnehme. Der Gast steht überhaupt für das Unbekannte, Neue, Geistige, Andere, dem ich ausgesetzt bin und welches das Leben unvorhersehbar macht und bereichert, wenn es gelingt, es zu empfangen. Andererseits bin ich auch selbst ein Reisender, Fremder, Anderer, dessen Glück es ist, gelegentlich so empfangen zu werden, dass ich beim Anderen zu Hause sein kann.
So steht die Frage nach Gastfreundschaft für die Frage, wie eine Gesellschaft möglich ist, die Verschiedenheit und Einzigartigkeit befördert und doch Beziehung erlaubt, wie es spirituell für die Frage nach einem wechselseitigen, freien Verhältnis zum Göttlichen steht.
Die Essays dieses Buchs nehmen das Leben solcher Momente als Orte der Geistesgegenwart in den Blick.