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Rechtshistorikern ist die Problematik des "Judeneides" im Allgemeinen nur als eine Problematik der Frühen Neuzeit vertraut; damals war die Eidesabnahme bei Juden mit zahlreichen demütigenden Zeremonien verbunden. Wenig bekannt ist hingegen, dass auch im 19. Jahrhundert diese Problematik in Politik und Rechtswissenschaft heftig umstritten war. Es ging um die Zulassung der Juden zur Eidesleistung, um den Beweiswert ihrer Aussagen und nach wie vor um das Zeremoniell der Eidesabnahme und die Eidesformel. Während die beiden ersten Komplexe sich bis zur Jahrhundertmitte erledigten, blieben Eideszeremoniell und Eidesformel bis kurz vor Gründung des Deutschen Reiches strittig. Die "Pointe" dieser Entwicklung ist, dass die durch die Reichsjustizgesetzgebung eingeführte und im Grundsatz bis heute bestehende Eidesformel auf die am Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts gefundene Formel des "Judeneides" zurückgeht.
Die Geschichte des "Judeneides" ist mit der allgemeinen Frage der Judenemanzipation und zugleich mit der Geschichte des Antisemitismus verwoben. Dies macht sie zu einem exemplarischen Thema der modernen Rechtsgeschichte. Vormbaum nimmt sie daher, nachdem er im ersten Teil der Abhandlung die Entwicklung in Preußen dargestellt hat, in einem zweiten Teil zum Anlass einer grundlegenden Erörterung allgemeinhistorischer Fragen ("Beginn des Antisemitismus", "politische Einordnung des Antisemitismus"), Fragen zur Zeitgeschichte des Rechts ("Judeneid als Quelle des modernen Eides", "Freiheit und Gleichheit") und der juristischen Zeitgeschichte ("Gleichheit und Eigenheit", "Gleichheit in der Moderne", "Gleichheit und Aufklärung") und versucht damit zugleich einen Beitrag zur methodischen Fortentwicklung des jungen Faches "Juristische Zeitgeschichte".