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Zur gängigen Hegelinterpretation gehört das
Vorurteil, Hegel habe das Schöne der Natur in seinen
Ästhetikvorlesungen abgewertet, weil er die Natur
gegenüber der Kunst grundsätzlich gering schätze.
Stützt man sich auf die inzwischen zugänglichen
Dokumente zu Hegels Berliner Vorlesungen über
Ästhetik, läßt sich dieses Vorurteil vermeiden. Es
zeigt sich, daß Hegel das "Naturschöne" keineswegs
als bedeutungslos für die philosophische Ästhetik
bewertet. Statt dessen betont er, es zeige eine
spezifische Weise des Naturvollzugs durch den
Menschen an und sei nur vermittelt zu fassen, darum
schwerer zugänglich. "Schöne Natur" läßt sich in
Analogie zum Kunstvollzug erschließen, denn
die "Schönheit" ist entweder durch Wiedergabe eines
Natureindrucks in der Kunst oder in einem
spezifischen Vollzug der Natur qua gesehene Natur
konstituiert. Insoweit ist für Hegel das Schöne der
Natur kein objektiv Vorliegendes, das im Sehen oder
in der Darstellung schlicht abgebildet wird, sondern
ein durch den subjektiven Vollzug Gesetztes und
Vermitteltes. Das ist im Übrigen der Sinn der
bekannten Hegelschen Definition des Naturschönen
als "Reflex des Geistes".