Wie soll man einen Sprach- und Musikwissenschaftler einordnen, der sich während des Nationalsozialismus vordergründig als willfähriges Werkzeug eines totalitären Regimes erwiesen hat und seine ganze Kraft darauf verwendet hat, das damalige wissenschaftliche Weltbild im
- Reich in vielerlei Hinsicht zu stützen und um zahlreiche Beiträge zu bereichern? Als überzeugten Nationalsozialisten im Dienste von Hitlers und Goebbels Expansionsbestrebungen und nicht mehr nur als einen typischen "Mitläufer" einer im Alltagsleben der Menschen zentral überwachten und reglementierten Großmacht?
Die vorliegende Studie beschreibt den Lebensweg von Johann Wolfgang Schottländer, einem Nachfahren der Mutter Goethes, der zu Beginn der 30er Jahre des
- Jahrhunderts die damals vorliegende Biographie Carl Friedrich Zelters einer gründlichen Revision unterwarf, neue Erkenntnisse um die griechische Musik der Antike, insbesondere die Konstruktion der Kithara, dem "Konzertflügel der Antike", gewinnen konnte und sich mit zahlreichen, zu dieser Zeit noch exotischen musikalischen Randgebieten, wie der elektronischen Musik befaßte.
Das Hauptkapitel jedoch nimmt den Filmexperten Schottländer ins Visier, der ab 1936 als Dozent für Filmmusik an der Staatlichen Akademischen Hochschule für Musik in Berlin tätig war und dabei - quasi als Nachfolger von Paul Hindemith - zu Beginn der 40er Jahre einen bedeutenden Auftrag vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und Reichsministerium für Propaganda und Volksaufklärung erhalten hatte: Die Erstellung einer Denkschrift zur Errichtung einer Staatlichen Filmschule im 3. Reich. Dabei sollte unter anderem auch die Filmmusik zu Propagandazwecken perfektioniert werden. Der bis dahin weitgehend provisorische Ausbildungsbetrieb für Filmmusiker in Berlin und der Alltag der Musiker im 3. Reich erfahren bei dieser Gelegenheit eine ausführliche Beschreibung, die so manches bisher unbekannte Detail zu Tage fordert.