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Die Welt ist auch nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs nicht viel freier oder gerechter geworden. Ausgerechnet in den westlichen Ländern fordert der immanente Systemdruck dem Individuum immer mehr Anpassung ab und verweigert ihm oft das Recht auf Selbstbestimmung. Hinzu kommt die allgemeine Unsicherheit, verursacht durch die Globalisierung, Terrordrohungen und totale Datenkontrolle. Düstere Vorausblicke - Dystopien - haben in der Literatur mithin Hochkonjunktur. Im Gegensatz zur Utopie verstärken sie ihre Kritik an der zeitgenössischen Gesellschaft, indem sie Fehlentwicklungen in die Zukunft fortschreiben oder in imaginäre soziale Organisationen projizieren. Da die Dystopie bisher meist mit Totalitarismus in Beziehung gesetzt wurde, untersucht Elena Zeißler die thematischen und formalen Verschiebungen in der englischsprachigen Dystopie, die nach dem Zusammenbruch der totalitären Ostblock-Staaten stattgefunden haben. Dabei ergibt sich eine erstaunliche Vielfalt. welche in vier Themenbereiche gegliedert werden kann: postmoderne, wissenschaftlich-technische, postkoloniale und feministische/ökofeministische Anti-Utopie. Ergänzend betrachtet Zeißler die zeitgenössische Dystopie der russischen Nationalliteratur. In der Gesamtschau zeigt sich, dass die Form der Dystopie weitgehend flexibel geworden ist. Trotz aller Verschiebungen hat sie indessen einen erkennbaren Kern behalten, der aus der etablierten Gattungstradition hervorgeht und diese fortschreibt.