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Seit Kant wird das Konzept einer "zweiten Natur" von der Gleichsetzung mit Gewohnheit abgelöst. Die neue Vorstellung ist die, dass auf dem Boden der modernen Kultur eine "zweite Natur" im Sinn einer neuen Ursprünglichkeit hergestellt werden kann. Seit Schelling und Hegel gehören Vorstellungen vom Kunstwerk, vom Rechtssystem oder von der Bildung als quasi natürlichen Phänomenen zu den Schlüsselkonzepten der Moderne.
Bei Marx, Freud und Adorno tritt die Kritik an Pseudonatur in den Vordergrund. Sowohl scheinbare Selbstverständlichkeiten der Kultur als auch Institutionen der Gesellschaft oder Prägungen der Persönlichkeit werden kritisiert, wenn sie als "Natur" erscheinen, ohne es zu sein. Nietzsche erneuert ein (ursprünglich romantisches) Konzept, das Identität bzw. eine zweite, gleichsam natürliche Authentizität in den Lebensformen der Kultur wiedergewinnen will. Solche Unmittelbarkeitssehnsucht ist das Thema des Buches.
Es bietet Beiträge zu einer Sicht von Kultur als verbesserter Natur, zum Natürlichkeitspathos bei Hölderlin, Baudelaire und Benn, zur Kritik an angeblich naturverbessernden Wissenschaften, zur Unmittelbarkeitssuche in Anthropologie, Bildungstheorie und Sozialpsychologie und gibt damit konkrete Beispiele für Entwürfe einer "zweiten Natur" und die Kritik daran.