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Lou Andreas-Salomé (1861-1937) hat ihre biologistisch begründete Theorie zur Rolle der Frau in der Gesellschaft und Geschichte in Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Wissenschaftsdiskursen entwickelt. Mit dem Postulat des weiblichen Erotismus als notwendigem Bestandteil der Evolution schreibt sie sich als Reflektorin epochenspezifischer Themen in das Diskurssystem der Frühen Moderne ein.
Ihrer offenen Darstellung von Sexualität und Libido in der Theorie steht in der Prosa jedoch eine konventionelle Darstellung der Geschlechterrollen innerhalb der patriarchalen Gesellschaftsstrukturen um 1900 gegenüber. Sexualität wird hier nur unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung, beispielsweise anhand der als Regularität auftretenden Thematik der Altersmesalliance und des Inzest-Tabus semantisiert.
Die vorliegende Studie geht dieser spannungsreichen Ambivalenz mit den Mitteln einer strukturalen Textanalyse nach, die einen neuen Blick auf das literarische Werk von Lou Andreas-Salomé ermöglicht. Dabei wird von der Forschung bisher unbeachtetes Material der Autorin in die Untersuchung mitaufgenommen.