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Von der Kunst, Länder und Menschen zu denken
Der Reportage in deutscher Sprache geht es nicht gut. Georg Brunold ist einer
der wenigen, die dagegen aktiv etwas tun. In den vergangenen zehn Jahren war er
auf allen Kontinenten unterwegs: im Fernen Osten wie im Vorderen Asien, in
Amerika, in Arabien und immer wieder in Afrika, aber auch in Kalabrien, in der
Moldau und im Emmental, auf Neuseeland und in der Karibik. In zwei Dutzend
Meisterstücken zeigt er, was mit diesem Genre möglich ist.
Bei seinen Besuchen in aller Welt erliegt Brunold nicht der Versuchung,
Identitäten auf bündige Formeln zu bringen, sondern er schärft den Sinn für die
Gemeinsamkeit aller Erdbewohner: dass nämlich keiner recht weiß, wer er ist.
Denn bemühen sie sich nicht alle unentwegt darum, ihre Lage zu verbessern und
dadurch selber andere zu werden? So bauen wir alle an unserer kleinen und großen
Welt, mit- und gegeneinander, um uns darin einzunisten, oft um den Preis, andere
daraus zu vertreiben. Mit Brunolds Reportagen erfährt man weit mehr als nur
Fakten über das Leben, in Brunolds Reportagen ist man vor Ort und denkt vor Ort:
am Grab im Reisfeld bei Vietnams Ahnen, mit Eva unter dem haitianischen
Apfelbaum oder auch mit Philip Roth in seinem Kinderzimmer an der Summit Avenue
81, Vorstadt Weequahic, Newark.